Die Konsequenz: Für energieintensive Unternehmen ist es heute wirtschaftlich interessanter, ein neues Werk in den USA aufzubauen als in Europa.
" class="infobox_img" />Christian Muller cmuller@tageblatt.lu
Doch mittlerweile ist der Fracking-Boom vorbei. Während die USA im Oktober letzten Jahres mit 1.609 aktiven Bohrtürmen noch einen neuen Rekord verbuchten, summierte sich die Zahl im Juli 2015 auf nur noch 664 aktive Förderanlagen.
Hintergrund des Rückgangs ist die Entwicklung des Ölpreises. Nachdem er Mitte 2014 noch bei fast 115 Dollar lag, mussten Käufer vor zehn Tagen nur 42,23 Dollar pro Barrel auf den Tisch legen. Die Fracking-Industrie jedoch braucht einen Verkaufspreis von mehr als 60 oder 70 Dollar pro Barrel, um profitabel arbeiten zu können.
Erst letztes Jahr hatten die USA Saudi-Arabien als weltgrößten Ölförderer abgelöst. Damit dürfte es 2015 jedoch – wegen der Besonderheiten des Frackings – vorbei sein. Im Gegensatz zu traditionellen Ölfördermethoden werden beim Fracking praktisch 50 Prozent des Ertrags im ersten Jahr erwirtschaftet. Danach geht es mit den Erträgen steil bergab. Nur Investitionen in neue Bohrtürme können das Volumen aufrechterhalten.
Eine ganze Reihe Faktoren sprechen dafür, dass der Preis noch weiter fallen könnte. Hierzu zählen die weniger schnell steigende Nachfrage aus China und der kommende Markteintritt Irans – nach dem Ende der Sanktionen. Auch die Abkehr von fossilen Energien in den Industriestaaten spielt eine Rolle: Allein in der EU ging der Energieverbrauch letztes Jahr um 3,9 Prozent zurück. OECD-weit ist die Menge an Energie, die für einen Euro Bruttoinlandsprodukt benötigt wird, auf den niedrigsten Wert seit 1970 gefallen. Hinzu kommt die Entdeckung neuer Energiefelder. Erst am letzten Sonntag hatte der italienische Konzern Eni angekündigt, das bisher größte Gasvorkommen im Mittelmeer gefunden zu haben.
Auf der anderen Seite sprechen einige Faktoren für einen kommenden Preisanstieg. So sind die Investitionen in neue Förderanlagen in den USA rückläufig. Auch in Russland wird – unter anderem wegen der Sanktionen – weniger investiert. In beiden Ländern dürfte die Fördermenge in Zukunft also sinken. Und bei einem schrumpfenden Angebot könnten die Preise wieder steigen. Im Endeffekt bleibt Erdöl zudem ein Rohstoff, der nicht unbegrenzt vorhanden ist.
Aber egal, wie sich die Weltwirtschaft entwickelt, der junge Fracking-Sektor wird weiter eine Rolle spielen. Die technischen Fähigkeiten, die nun ihren praktischen Test bestanden haben, werden auch künftig den Ölmarkt unter Druck setzen. Selbst wenn der Sektor kaum noch etwas produziert. Sobald die Preise wieder auf ein Niveau steigen, das die Fracking-Förderung wieder rentabel macht, kann neu gebohrt werden. Das bietet der Weltwirtschaft eine gewisse Garantie, dass der Ölpreis in den kommenden Jahren nicht so schnell wieder auf alte Rekordstände klettern wird. Das Fracking hat die Macht des OPEC-Kartells gebrochen.
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