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Von Worten und Menschen

Von Worten und Menschen
(AFP/Csaba Segesvari)

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Schlagworte greifen im besten Fall zu kurz. Manchmal sind sie aber einfach nur perfide. Der Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ fällt in letztere Kategorie.

Sogenannten „Wirtschaftsflüchtlingen“ wird nicht nur sprachlich unterstellt, dass sie gar keinen anderen Grund als einen ökonomischen haben, um aus ihrer Heimat zu fliehen.

Kim Hermes khermes@tageblatt.lu

Das Wort ist in Wahrheit nichts anderes als abwertend. Es ist eine Vereinfachung, eine unheilvolle Abkürzung, mit der man sich den differenzierten Blick auf die vielfältigen Migrationsgründe (von Menschen!) erspart. Es ist eine ähnlich perfide Wortschöpfung wie „Asylmissbrauch“ und „Scheinasylant“. Es ist verwandt mit ekelhaften sprachlichen Analogien von Ländern, die wie volle Boote sinken, wenn zu viele Menschen reinwollen. Dieser Sprach- und Wortschatz gehört übrigens nicht selten zum Repertoire von sogenannten „Asylkritikern“, wie manche Menschen mit einem mehr oder weniger offenen Hang zu Fremdenfeindlichkeit neuerdings genannt werden wollen.

Wer von „Wirtschaftsflüchtlingen“ spricht und ihnen jegliche Chancen auf Asyl oder Bleiberecht abspricht, sagt eigentlich nichts anderes, als dass Elend, Hunger, Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit vielleicht traurig sind, aber kein Grund, besser leben zu dürfen. Zumindest nicht bei uns. Aussprechen will man das nicht. Europas Schande ist auch so schon traurig genug.