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«Lezeboia»: Die Schande

«Lezeboia»: Die Schande
(Tageblatt)

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In Lëtzebuerg treibt sich ein Gespenst rum: der „Lezeboia“. Der „Lezeboia“ will sich in seiner Heimatliebe von niemandem übertreffen lassen.

Und doch verzweifelt er quasi ausnahmslos an der vergleichsweise bescheidenen Aufgabe, den Begriff „Lëtzebuerger“ korrekt zu schreiben.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Denn der „Lezeboia“ hat ein Problem: Wer immer versuchte, mit seinem Intellekt auch nur ein gewöhnliches Meerschweinchen zu betreiben, würde notwendigerweise grandios scheitern. Denn der „Lezeboia“ ist dumm. Dümmer vermutlich als Mayonnaisebrot. Zu dumm jedenfalls, um simultan mit dem Herzen zu klopfen und einen klaren Gedanken zu fassen.

So wie die vier Hobby-Hitler aus Trier – deren tragischste Lachnummer die Asylanten dafür verantwortlich zu machen versuchte, dass er sein Aufnahmeexamen in den Kindergarten hoffnungslos vergeigt hatte – gereichen auch die „Lezeboia“ ihrem Heimatland wegen ihres bodenlosen Kretinismus zur unauslöschlichen Schande.

Auf der Facebook-Seite „Rhetoresch Ergëss vum Lëtzebuerger Stammdësch“ werden u.a. unsere nationalbewegten Brunzköpfe an den Pranger gestellt: Wie man dort mitverfolgen kann, tun sich in den Posts unserer Lokalfaschos geradezu schwindelerregende Abgründe an Bösartigkeit, Brutalität, Neid, Missgunst, Garstigkeit, Gemeinheit, Vulgarität und – immer wieder – schierer, unverfälschter, naturbelassener Blödheit auf.

Das Phänomen „Lezeboia“ gibt Anlass zu ernster Sorge: Es braut sich auch in unserem beschaulichen Ländchen derzeit etwas sehr Hässliches zusammen. Offensichtlich gibt es in unserer Gesellschaft immer mehr Menschen, die sich aus durchaus ganz realen oder aber nur vermeintlichen Ursachen von sozialem Abstieg bedroht sehen.

Den um sich greifenden Neoliberalismus erfahren viele Mitbürger als eine fortschreitende Erosion der gesellschaftlichen Solidarität. Und werden aggressiv. Etwas, das die hiesige Mittelschicht zumeist nur schwer nachzuvollziehen vermag, ganz einfach weil sie im reichen Luxemburg selber bislang nur am Rande davon betroffen war.

Diese Mittelschichten sollten daher auch nicht den Fehler machen, genüsslich über das allfällige Fehlverhalten von „Prolls“ und „Asis“ zu spotten, in der Art, wie sich etwa das britische Kleinbürgertum am „Chav-Bashing“ delektiert. Niemand sollte in der Tat vergessen, dass Prolltum und Asozialität in sämtlichen sozialen Schichten vorkommen: Es ist der umfassende Mangel an Rücksicht und Manieren, der Proll und Asi ausmacht. Und diese Eigenschaften kann man sich von keinem Geld der Welt kaufen.

Einer der schlimmsten Prolls, die zurzeit das Antlitz dieser Erde verunzieren, ist denn auch ein ausgewachsener Milliardär. Nämlich Donald Trump – der aber, wie man lobend hervorheben sollte, ein soziales Herz bewies, indem er einen arbeitslosen Wischmopp als sein persönliches Toupet rekrutierte.

Doch wie dem auch sei: Für Fremdenhass sind Abstiegsängste vielleicht eine Erklärung, aber auf keinen Fall eine Entschuldigung. Dies beweisen nicht zuletzt all jene ungezählten Menschen, die zwar Monat für Monat mit verdammt wenig Geld auskommen müssen, ihr Leben aber trotzdem mit Anstand und Empathie zu führen wissen.