Vater der Einheit und doch großer Polarisierer: Tageblatt-Korrespondent Werner Kolhoff könnte es nicht besser auf den Punkt bringen. Denn es ist genau dieses Spannungsfeld, das Kohl immer in den Geschichtsbüchern charakterisieren wird. Einerseits das Klischee des unermüdlichen Vollbluteuropäers, der gemeinsam mit François Mitterrand an der deutsch-französischen Versöhnung arbeitete, um Europa nach vorne zu bringen.
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Andererseits der Machtpolitiker, der sich nicht mit Ruhm bekleckerte, was die Spendenaffäre anging. Auch sein Umgang mit der Presse liest sich im Rückblick nicht wirklich wie die Bilanz eines Mannes, der Freiheit und europäische Werte verbreiten wollte. Ungeachtet dieser Widersprüche muss man Kohl jedoch etwas attestieren, das heute sowohl bei den Christ- als auch bei den Sozialdemokraten abhandengekommen ist: das klare Profil. Denn Kohl gehört noch zu jener Generation von Politikern, die sich nicht für die Wurzeln ihrer Partei schämen. Nun kann der Autor dieser Zeilen rein gar nichts mit dieser CDU/CSV-Politik anfangen.
Allerdings ist das Erstarken von Rechtspopulisten wie der AfD auch zu einem gewissen Grad der Tatsache geschuldet, dass Politiker wie Angela Merkel sich selbst von Parteien wie der FDP rechts überholen lassen. Demnach ist Kohls Tod auch eine Erinnerung daran, dass das bürgerliche Lager sich in einem klassisch-konservativen Umfeld artikulieren können muss, statt stets vor europafeindliche und rassistische Auswahlmöglichkeiten gestellt zu werden.
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