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Orban-Karikatur: Zensurversuch von Ungarn sorgt in Slowenien für Befremden

Orban-Karikatur: Zensurversuch von Ungarn sorgt in Slowenien für Befremden

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Eine undiplomatische Protestnote Ungarns gegen eine Karikatur mit Premier Viktor Orban in Führerpose sorgt in Slowenien für nachhaltiges Befremden: Der Zensurversuch hat die Kritik an dem wachsenden Einfluss Budapests auf den Medienmärkten in der Region neu entfacht.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser

Eine binationale Karikatur bewegt in Slowenien und Ungarn schon seit mehr als zwei Wochen die Gemüter. Mit einem zum faschistischen Gruß erhobenen Arm hatte der slowenische Karikaturist Tomaz Lavric den ungarischen Premier Viktor Orban auf dem Titelblatt der linksliberalen Wochenzeitschrift Mladina vom 22. März gezeichnet: Sich innig an ihr ungarisches Idol klammernd verteidigt die Führungsriege von Sloweniens rechter Oppositionspartei SDS auf der Zeichnung den Fidesz-Vormann vor dem drohenden Rauswurf aus dem christdemokratischen Dachverband der EVP.

Zwar gilt Mladina mit einer Auflage von rund 20.000 Exemplaren als eines der einflussreichsten Wochenblätter der Alpenrepublik. Doch vermutlich wäre das Titelblatt selbst in Slowenien schon längst wieder vergessen. Mit einer wenig diplomatischen Protestnote hat Ungarns pikierte Botschaft in Ljubljana der respektlosen Schmähkarikatur indes zu einer Verbreitung weit über die Landesgrenzen verholfen: Die gescheiterte Zensurintervention im Nachbarland hat sich für Budapest als medialer Bumerang entpuppt.

Das «politisch unverantwortliche» Cover stellte eine «Verletzung der Presse- und Meinungsfreiheit» dar, hatte sich Ungarns Botschafterin in ihrer Note an Sloweniens Außenministerium echauffiert – und um «die Assistenz bei der Verhinderung ähnlicher Vorfälle in der Zukunft» ersucht. Auf die Aufforderung zur Pressezensur reagierte Sloweniens Außenministerium jedoch kühl: Das Ministerium respektiere «strikt die Presse- und Meinungsfreiheit» und würde nie in die Redaktionspolitik von Medien intervenieren.

Spöttelnde Entschuldigung

Nicht nur Ljubljana reagiert befremdet. Ein Staat, der von der Regierung eines anderen Staats verlange, dass er gegen Journalisten vorgehe, sei eine «ernsthafte Bedrohung für die gesamte Region», sagt Mladina-Chefredakteur Grega Repovz besorgt. Von einem «Skandal» spricht empört die Zeitung Vecer: Ungarns Intervention der «schlechtesten Art» sei der «letzte Beweis», dass es auch in der direkten EU-Nachbarschaft ein «undemokratisches Regime» gebe.

Die eher missglückte Diplomaten-Intervention hat die Debatte über Ungarns zunehmende Medienmacht in der Region neu entfacht. Denn nicht nur in Slowenien, sondern auch in Nordmazedonien haben ungarische Investoren aus dem Dunstkreis von Fidesz in den letzten drei Jahren vermehrt Nachrichtenportale, TV-Sender und Zeitungen erworben. Mit einer spöttelnden Entschuldigung und leichtem Strich hat derweil Karikaturist Lavric auf die ungarische Empörung reagiert. In einem Brief an die «sehr geehrte Botschafterin» listet er die Gründe für seinen «unverzeihlichen Fehler» auf.

Das kommunistische Erziehungssystem habe ihm das Gehirn gewaschen und ihn jedes «Gefühl für die Nation und den Glauben» verlieren lassen, räumt er scheinbar zerknirscht ein. Die «schlampigen und unaufmerksamen» Mladina-Redakteure hätten ihn «besser beaufsichtigen und rechtzeitig stoppen», die heimischen Gesetze ihn zudem strenger sanktionieren müssen. Zur vermeintlichen Wiedergutmachung hat er seine Zeichnung überarbeitet: Vor einer Regenbogenfahne posiert Orban nun mit Blümchen im Haar – und einem Olivenzweig in der Hand.