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Die Planeten und wir: Luxemburger Astrophysiker schreibt Kinderbuch

Die Planeten und wir: Luxemburger Astrophysiker schreibt Kinderbuch

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Wie groß ist das Weltall und wie alt? Was sind Planeten und Galaxien? Diese und noch viel mehr Fragen stellen Kinder. Der Astrophysiker Jean-Luc Lehners (40), selbst Vater von drei Kindern, kennt diese Neugier – nicht nur von seinen eigenen Kindern, sondern auch von Vortragsbesuchen an luxemburgischen Schulen.  Sein Buch „Die Erde ist mein Raumschiff“ versucht, Antworten zu geben. Seit Dezember 2018 ist es Teil der Zusatzlehrmaterialien im Zyklus 4.2.  

Relativitätstheorie, Quantentheorie, Albert Einstein und Max Planck: Das ist die Welt von Jean-Luc Lehners. Der in Luxemburg geborene Astrophysiker forscht am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam. Als er zur Schule ging, stand wahrscheinlich „Eveil aux sciences“ noch nicht auf dem Lehrplan. Das hat sich geändert. Heute ist die Sensibilisierung für Naturwissenschaften mit drei Stunden pro Woche Pflicht in der Klassenstufe 4.2. „Im naturwissenschaftlich-technischen Bereich wird in Luxemburg händeringend Personal gesucht“, sagt Luc Weis, Direktor vom Script. Die Abkürzung steht für „Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques“. Die Abteilung des Bildungsministeriums, die sich hinter diesem sperrigen Titel verbirgt, sucht permanent neues, innovatives Lehrmaterial für die Schulen.

Lehners Werk „Die Erde ist mein Raumschiff“ ist für Kinder und Jugendliche geschrieben und passt in den Zeitgeist. „Space Mining“ heißt das Geschäftsmodell der Zukunft für das Land. In einer Studie beziffert die Luxembourg Space Agency (LSA) den möglichen Umsatz durch Geschäfte mit dem Weltall auf 170 Milliarden Euro. Da macht es Sinn, schon elf- bis zwölfjährige Schüler für das Universum zu sensibilisieren. Im Januar haben nach Angaben des Bildungsministeriums 4.500 Schüler an 160 Schulen das Buch erhalten.

Kosmos ist seine gewohnte Umgebung

Ein durch und durch der Wissenschaft verpflichteter Physiker mit dem Schwerpunkt Kosmologie, der ein Kinderbuch schreibt: Die Kombination klingt höchst ungewöhnlich. Für Jean-Luc Lehners tut es das überhaupt nicht. Der Kosmos ist seine gewohnte Umgebung, der Anblick des nächtlichen Sternenhimmels bietet allabendlich Anreiz für Fragen. Wie groß ist das All? Kann man zu anderen Planeten fliegen? Lehners ordnet Fragen wie diese den großen Fragen der Menschheit zu, die sich nicht nur Erwachsene stellen. „Wenn ich mit Kindern spreche, merke ich, dass ein großes Interesse an diesen Themen da ist“, sagt Lehners, „und in der Schule gibt es nichts dazu“.

Er ist öfter an luxemburgischen Schulen und spricht zum Thema – zuletzt 2018 im Athénée in der Stadt. Für ihn ist die Erforschung dieser Fragen zur Berufung geworden. Sein Spezialgebiet, die Kosmologie, ist das Resultat. Halt macht sein Forschergeist nur vor der Philosophie, eine Lektüre von Platon gehört in die Freizeit. Die nächtliche Sicht auf das Universum hat ihn auch zum Titel des Buches inspiriert. „Wenn man das betrachtet, entsteht das Gefühl, die Erde sei ein Raumschiff und seine Insassen reisten durch das All“, erklärt er den Gedankengang dahinter.

Dabei lernt der Laie, dass die Erde sich nicht nur um sich selbst und die Sonne dreht. „Da bewegt sich ganz viel“, sagt der Forscher, „die Erde dreht sich zusammen mit der Sonne um das Zentrum der Milchstraße, die Teil einer Gruppe von Galaxien ist, die wiederum von anderen Galaxien angezogen werden“. Er kennt grobe Schätzungen, die von etwa 200 Milliarden Galaxien in dem Teil des Universums ausgehen, den der Mensch beobachten kann. Bei so viel Außerirdischem ist es beruhigend, dass der Mensch Lehners durch die Segnungen der Gravitationskraft der Erde verbunden bleibt – wie sein Buch. Dessen irdisches Potenzial ist im Bildungsministerium erkannt. „Eine ‹Culture scientifique› ist für alle Menschen wichtig“, sagt Script-Direktor Weis. Das ist aber nur ein Aspekt der Entscheidung, das Buch als Zusatzmaterial an Schulen anzubieten. „Wir wollen jungen Menschen zeigen, dass man mit Interesse an Naturwissenschaften beruflich weiterkommt“, sagt er, nicht ohne die „ökonomische“ Bedeutung für den luxemburgischen Arbeitsmarkt ins Spiel zu bringen.

Der pädagogische Ansatz des „Eveil aux sciences“ hat hingegen ein grundsätzliches Anliegen. Er will Schüler dazu motivieren, Sachverhalte zu hinterfragen und naturwissenschaftliche Fragestellungen zu formulieren. „Die Erde ist mein Raumschiff“ kam da gerade recht. „Wir haben nicht viel gutes Material in diesem Bereich“, bestätigt Weis Lehners’ Beobachtung, „und dieses Buchprojekt hörte sich sehr interessant an“.
Bis zum Sommer dieses Jahres sind die Lehrer aufgefordert, in dem Pilotprojekt ein Feedback abzugeben. Ihr Urteil und das ihrer Schüler entscheiden letztendlich, ob das Raumschiff im Unterricht weiterfliegen wird.


Die Da Vinci asbl. 

Die „Da Vinci asbl.“ hat zum Ziel, Ingenieuren, Wissenschaftlern, Industriellen wie auch Architekten ein Forum des Austauschs zu bieten. Der asbl. geht es auch darum, den Beruf des Ingenieurs besser bekannt zu machen und am Berufsbild zu arbeiten.
Der Verband mit rund 3.000 Mitgliedern versteht sich als Repräsentant des Berufsstandes und will zur Weiterentwicklung des Landes beitragen. Dafür pflegt sie Kontakte zu Wirtschaft und Industrie und will junge Menschen ermutigen, einen naturwissenschaftlich geprägten Beruf zu ergreifen. Die Da Vinci asbl. kooperiert mit gleichgesinnten Organisationen über die Grenzen hinaus. Kooperationspartner sind die IESF Lorraine („Union régionale des ingénieurs et scientifiques de Lorraine“), VDI Saar (Verein Deutscher Ingenieure Bezirksverein Saar), CSL („Chambres des salariés“), Jonk Entrepreneuren asbl., Fondation Enovos, FNR („Fonds national de la recherche“). Die Interessenvertretung der Ingenieursberufe ist Hauptsponsor des Drucks für das Buch „Die Erde ist ein Raumschiff“. 5.000 Exemplare wurden gedruckt.


Der Autor: Jean-Luc Lehners 

Lehners hat in Großbritannien am Imperial College und in Cambridge Physik studiert. Seit acht Jahren arbeitet er am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam im Fachbereich Kosmologie. Sein Forschungsgebiet ist der Zustand des Universums vor dem Urknall. Er betreibt Grundlagenforschung zu diesen Themengebieten.