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GemeindewahlenIn Differdingen werden die Karten neu gemischt

Gemeindewahlen / In Differdingen werden die Karten neu gemischt
Die drittgrößte Stadt Luxemburgs erhält einen neuen Bürgermeister, so viel steht jetzt schon fest Foto: Editpress/Tania Feller

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Morgen werden in Differdingen 171 Kandidaten um die 19 Sitze im Gemeinderat kämpfen. Der Wahlkampf in der „Cité du Fer“ ist deshalb so spannend wie lange nicht mehr. Mitregieren wollen neben den Grünen und der CSV auch wieder die Sozialisten, und warum nicht vielleicht sogar „déi Lénk“ oder die Piraten?

Die politischen Schwergewichte Claude Meisch (DP) und Roberto Traversini („déi gréng“) entschieden die Gemeindewahlen von 2011 beziehungsweise 2017 praktisch im Alleingang. Meisch kam 2011 auf 5.188 Stimmen. Seine Partei wurde damals zur stärksten Kraft in der „Cité du Fer“ und besetzte sieben der 19 Sitze im Gemeinderat. Meisch nahm später einen Ministerposten an und kandierte 2017 nicht mehr bei den Gemeindewahlen. Leidtragende waren seine Parteikollegen der Differdinger DP. Sie mussten ordentlich Federn lassen und konnten 2017 nur noch zwei Sitze erringen. Durch einen Erdrutschsieg von „déi gréng“ verschoben sich 2017 dann die Kräfteverhältnisse. Ein großer Anteil an diesem Sieg war wohl Roberto Traversini zuzuschreiben, der mit 5.105 Stimmen der meistgewählte Politiker in Differdingen wurde. Die Grünen kamen 2017 auf knapp 36 Prozent aller Wählerstimmen. Als Koalitionspartner suchten sie sich die CSV – die vier Sitze erobern konnte – aus. Die LSAP, die ebenfalls über vier Sitze verfügt, musste mit der DP (2 Sitze), der KPL und „déi Lénk“ (jeweils einen Sitz) auf der Oppositionsbank Platz nehmen.

Auf die Unterstützung von Traversini müssen „déi gréng“ allerdings dieses Mal verzichten. Traversini hatte am 20. September 2019 seinen Rücktritt verkündet. Der ehemalige Bürgermeister hatte damals die Konsequenzen aus den Enthüllungen, den Ermittlungen und seinen Fehlern im Rahmen der „Gaardenhaischen“- Affäre gezogen und sein Amt als Bürgermeister niedergelegt. Auf Traversini folgte Christiane Brassel-Rausch. Sie bekleidet das Amt seit 2019. Bei den Gemeindewahlen von 2017 war sie mit 2.768 Stimmen lediglich an fünfter Stelle gewählt worden. Sie kandidiert morgen bei der Wahl ebenfalls nicht mehr. Ob die Grünen jetzt das gleiche Schicksal ereilt wie die DP 2017 und ob sie mehrere Sitze einbüßen werden, bleibt abzuwarten.

Als Spitzenkandidaten schicken „déi gréng“ morgen Paulo Aguiar (45) und Manon Schütz (55) ins Rennen. Aguiar konnte in der Vergangenheit bereits einige politische Erfahrung im Schöffenrat sammeln. Für Schütz ist der Gemeinderat allerdings vollkommenes Neuland. Und so hat ihre Nominierung als Spitzenkandidatin auch Unmut in der Fraktion ausgelöst. Wenn man diesen Gerüchten glauben kann, hätten andere, die schon politische Ämter bekleiden, sich da in einer besseren Position gesehen. Das selbst erklärte Ziel der Grünen ist es, auch die kommenden sechs Jahre in Differdingen mitzuregieren. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Vielleicht durch die Unterstützung von „déi Lénk“, die, wie man hört, nicht abgeneigt wäre, sich mit den Grünen zusammenzutun. Nach Jahren in der Opposition findet die Differdinger Linke nämlich, dass es an der Zeit ist, auch einmal Verantwortung zu übernehmen. „déi Lénk“ Differdingen geht mit den vier Spitzenkandidaten Gary Diderich, Eric Weirich, Fio Spada und Jéssika Rodrigues-Hoffmann auf Stimmenfang. Ihr erklärtes Ziel: mindestens zwei Sitze. Gleiches Ziel hat auch die DP.

Wer wird Bürgermeister?

Ebenfalls Hoffnungen auf das Bürgermeisteramt macht sich die CSV, die mit den beiden Spitzenkandidaten Tom Ulveling und Emina Ceman antreten wird. Mit Ulveling hat sie einen der erfahrensten Gemeindepolitiker Differdingens in ihren Reihen. Seit 26 Jahren ist er im Gemeinderat vertreten. Hinzu kommen noch einmal 14 Jahre als Schöffe. „Wir wollen mindestens unsere jetzigen vier Sitze verteidigen. Ideal wären fünf oder gar sechs Sitze. Sollte der Wähler so entscheiden, dann bin ich natürlich auch bereit, den Posten des Bürgermeisters zu übernehmen“, verriet der Spitzenkandidat seiner Partei Ende Mai bei der Vorstellung des Wahlprogramms. 

Mitregieren möchte in Zukunft auch wieder die Differdinger LSAP, das hat sie im Wahlkampf klargemacht. Einen Spitzenkandidaten sucht man bei der lokalen LSAP-Sektion allerdings vergebens. Stattdessen ziehen die Sozialisten mit einem Quartett ins Rennen. Zu diesem Quartett gehören der 64-jährige Rentner und ehemalige Polizist Guy Altmeisch sowie die Sozialarbeiterin Catia Pereira (35), die Physiotherapeutin Zenia Charlé (28) und Thierry Wagner (49), der zurzeit als Koordinator im Sportministerium arbeitet. Doch auch der aktuelle Rat Pierre Hobscheit sowie die ehemaligen Schöffen Erny Muller und Fred Bertinelli stehen wieder zur Wahl. Gerüchten aus dem Umfeld der Partei zufolge hofft man auf eine Wahlschlappe der Grünen. In diesem Fall wäre man bereit, eine große Koalition mit der CSV einzugehen.

Eines steht allerdings jetzt schon fest. Auch die kommende Legislaturperiode in Differdingen verspricht spannend zu werden, denn noch nie hatten die Wähler eine größere Auswahl an Kandidaten und Parteiprogrammen als dieses Mal. Auf die 19 Sitze im Gemeinderat haben sich 171 Kandidaten beworben. Von ganz rechts bis ganz links ist für jede politische Ausrichtung etwas dabei. Aus der linken Ecke tritt noch immer die KPL an, die mit Ali Ruckert in Differdingen immer noch einen Sitz im Gemeinderat innehat. Zum ersten Mal hingegen werden die Piraten um den Einzug in den Gemeinderat der „Cité du Fer“ kämpfen. Sie werden vom Trio Morgan Engel, Granit Shala und Yann Retter angeführt und könnten bei einem guten Resultat am Ende sogar zum Königsmacher werden.

Ebenfalls zum ersten Mal treten die Rechtsparteien Fokus und „déi Konservativ“ in Differdingen an. Die ADR hingegen tritt nicht mehr an, da ihr die Kandidaten fehlen. Nach einem Streit haben nämlich fast alle Vorstandsmitglieder der ehemaligen lokalen ADR-Sektion ihrer alten Partei den Rücken gekehrt und sich der neu gegründeten Fokus-Partei angeschlossen.