Er hatte angedeutet, dass es schwer werden könnte – am Ende war es „viel schwieriger als letztes Jahr“. Kevin Geniets konnte sich im finalen Sprint im Straßenrennen der Landesmeisterschaften durchsetzen – doch ehe es dazu kam, konnten sich die Zuschauer über ein attraktives und spannendes Rennen freuen.
Mit Cedric Pries (Leopard Pro Cycling), Raphael Kockelmann (Lviv), Mik Esser (CT Atertdaul) fanden sich schnell drei Fahrer in der Ausreißergruppe des Tages wieder. Jan Petelin (Vini Zabu) schloss sich dem Trio zu einem späteren Zeitpunkt an. Die Ausreißer erarbeiteten sich einen Vorsprung von vier Minuten, wurden aber in der fünften von insgesamt acht Runden vom Peloton eingeholt. Keiner der Fahrer in der Spitzengruppe schaffte es, sich vor dem Ziel entscheidend zu lösen. Jedoch gelang es erst Tim Diederich (Snooze) auf den letzten zwei Kilometern einen Vorsprung von etwa zehn Sekunden herauszufahren – doch die Verfolger konnten ihn noch einholen. Auch Tom Thill (XSpeed United Continental) versuchte es etwa 700 Meter vor dem Ziel, doch Geniets schloss die Lücke.
Zwar zeigte sich die Elite ohne Vertrag sehr mutig und stark, am Ende übernahmen jedoch die Profis das Zepter. Im Zielsprint war es Geniets, der sich knapp vor Jempy Drucker (Cofidis) und Loic Bettendorff (Leopard Pro Cycling) durchsetzen konnte. „Es war ein sehr hartes Rennen“, sagte Geniets, der am Freitag bereits das Zeitfahren gewann. „Ich war nicht wirklich gut in Form. Ich hatte keine guten Beine, blieb während des Rennens aber positiv und fokussiert. Ich möchte meinem Mentalcoach einen großen Dank aussprechen.“
Drucker verpasst ersten Titel
Mit dem Sieg macht Geniets einen weiteren Schritt nach vorne. Im letzten Jahr schaffte er den Überraschungssieg, in diesem Jahr setzte er sich durch, obwohl alle auf ihn schauten. „Es war viel schwieriger dieses Jahr. Jeder hat auf mich gewartet.“ Obwohl mit Jempy Drucker (Cofidis) der vermeintlich stärkste Sprinter in der Spitzengruppe im Schlusssprint war, setzte sich Geniets durch. „Ich wusste, dass der Sprint mir liegt – aber ich musste früh anziehen und voll durchziehen. 500 Meter vor dem Ziel habe ich das getan. Ich dachte mir nur: Entweder du explodierst, oder du ziehst durch.“
Jempy Drucker war der stärkste Widersacher von Geniets. „Die Beine haben am Ende den Unterschied gemacht“, schmunzelte Drucker. „Es war ein ehrlicher Sprint. Es ging einen Kilometer lang einen Berg hoch am Ende. Da sind vielen die Körner ausgegangen und so ging es mir auch.“ Für Drucker war es eigentlich eine optimale Ausgangssituation – noch vor dem Rennen sprachen viele Fahrer davon, den 33-Jährigen vor dem Schlusssprint loswerden zu wollen. „Man versucht immer, mich loszuwerden – das war schon die letzten Jahre so. Kevin hat es aber verdient. Ich habe dennoch das Gefühl, einen wichtigen Sieg liegen gelassen zu haben. Letztes Jahr war ich Dritter, aber damals war ich glücklicher als heute.“
Gemischte Gefühle hingegen hatte Alex Kirsch. Der World-Tour-Profi des US-amerikanischen Teams Trek-Segafredo zeigte sich nach der Zieleinfahrt enttäuscht. „Der erste Platz hat heute nur gezählt. Zweite und dritte habe ich schon viele gesammelt. Ich bin also gefahren, um zu gewinnen. Ich habe versucht, so clever wie möglich zu fahren, aber Kevin war letzten Endes stärker.“ Mit Michel Ries hatte Kirsch einen Teamkollegen an seiner Seite, der ihm auf den letzten Kilometern half. „Ich habe ihm gesagt, dass ich mich gut fühle und den Sprint fahren will. Die letzte Runde war sehr hart und das Level von jedem sehr hoch. Die Enttäuschung ist jedoch sehr groß, weil ich den Sieg schon ein wenig im Hinterkopf hatte. Ich bin jedoch zufrieden mit meinem Leistungsniveau.“
Für die vielleicht größte Überraschung sorgte Nachwuchsfahrer Loïc Bettendorff. Der Leopard-Fahrer vervollständigte das Podium als Dritter. „Es ist schon unerwartet“, freute sich Bettendorff im Ziel. „Ich habe mich sehr gut gefühlt und weiß, dass ich stark im Sprint bin. Ich wollte bis zum Ende so viel Energie wie möglich sparen.“ Mit insgesamt fünf Fahrern ist Leopard ins Rennen gegangen – auch dieser Fakt hat Bettendorff in die Karten gespielt. „Man kann schon sagen, dass dies ein Vorteil war. Aber ich habe es nicht besonders viel gemerkt.“ Dass er aber Profis geschlagen hat, konnte er am Sonntagabend „noch nicht wirklich realisieren“. Bettendorff hat noch ein Jahr Schule, bis er seine Ausbildung beendet hat – danach möchte er so schnell wie möglich in die World-Tour.
Kockelmann siegt bei den Junioren
Bei den Junioren ging es ähnlich eng wie beim Männerrennen zu. Alexandre Kess (LC Kayl) hatte auf den letzten Kilometern einen knappen Vorsprung auf ein Verfolger-Trio. Kess kam letztendlich nicht durch und musste zusehen, wie das Trio um Mathieu Kockelmann (CC Chevigny), Arno Wallenborn (LP 07 Schifflange) und Noé Ury (CT Atertdaul) den Sieg unter sich ausmachen sollten. Die stärksten Beine hatte letzten Endes Kockelmann. „Für mich ist es unbeschreiblich. Nach dem Zeitfahren am Freitag galt ich nicht mehr als Favorit. Ich wusste aber, dass, wenn es zum Sprint kommt, ich sehr schnell sein kann.“ Kockelmann hatte am Ende jedoch nicht nur die schnellsten Beine, sondern vor allem seine Taktik verhalf ihm zum Sieg. „Ich wusste, dass die anderen zwei auch Alexandre einholen wollen. Ich wusste aber auch, dass ich, wenn ich zu viel Tempoarbeit mache, Krämpfe bekomme – die ich im Endeffekt auch hatte.“ Wallenborn fuhr in der gleichen Zeit als Zweiter ins Ziel, Ury wurde Dritter.
Ergebnisse
Männer – Elite mit Vertrag
1. Kevin Geniets (Groupama-FDJ) in 3:37:38 Stunden, 2. Jempy Drucker (Cofidis), 3. Loïc Bettendorf (Leopard), 4. Alex Kirsch (Trek-Segafredo), 5. Luc Wirtgen (Bingoal) alle gleiche Zeit
Männer – Elite ohne Vertrag
1. Larry Valvasori (AMCB Amicale Cycliste Bisontine) in 3:37:42 Stunden, 2. Tim Diederich (Team Snooze) +0:06, 3. Rik Karier (Velo Woolz) +1:17
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