Tageblatt: Christine Majerus, Ihre Generalprobe für das WM-Rennen lief nicht gut. Mit welchem Gefühl gehen Sie das Rennen in Ostende an?
Christine Majerus: Ich wollte letzte Woche beim Weltcup in Overijse ein gutes Rennen fahren. Es war eine Strecke, die mir entgegenkam. Ich war am Start leider etwas übermotiviert und habe in der zweiten Runde dafür bezahlen müssen. Das Rennen war zu diesem Zeitpunkt für mich gelaufen. Ich hatte gehofft, auf den elften oder zwölften Platz zu fahren – das wäre auch realistisch gewesen. Deswegen war ich enttäuscht. Zudem weiß ich, dass mir die Strecke in Ostende überhaupt nicht entgegenkommt. Mir ist bewusst, dass es schwer wird, dort mit den Besten mitzufahren.
Macht sich der fehlende Rennrhythmus bei Ihnen bemerkbar?
Ich bin vor Overijse nur in Hittnau (am 2. Januar gewann sie das Rennen in der Schweiz, Anm. d. Red.) gefahren. Ich hatte drei Wochen ohne spezifisches Rennen, das hatte beim letzten Weltcup gefehlt. Aber es ist eine Saison, in der vieles anders ist. Das soll alles nicht als Entschuldigung zählen. Ich wollte diesen Winter eigentlich entspannt angehen, mir selbst nicht viel Stress machen und jedes Wochenende bei einem Weltcup starten. Leider hat sich dies nicht so ergeben. Manchmal war das frustrierend, da meine Ziele nicht die gleichen sind wie die der Cyclocross-Spezialisten. Dann macht nicht unbedingt jedes Wochenende so viel Spaß, wie dies bei kleineren Rennen der Fall wäre. Trotzdem habe ich in einigen Rennen bewiesen, dass ich auch ohne Spezialistin zu sein vorne mitfahren kann. Die Trainingsvorbereitungen sind abgeschlossen und ich bin froh, ein paar Rennen gefahren zu sein. Das ist eigentlich in jedem Winter das Hauptziel. Es war lange nicht in jeder Sportart möglich, Wettbewerbe zu bestreiten, deshalb bin ich froh, meinen Sport überhaupt ausüben zu dürfen. Auf den Rest haben wir sowieso keinen Einfluss. Ich habe jetzt noch eine Chance, mich zu beweisen – selbst wenn ich weiß, dass ich auch an einem guten Tag nicht ganz vorne mitfahren kann.
Welches Rennen erwarten Sie?
Ich denke, dass es ein sehr physisches Rennen wird. Einerseits wegen der schwierigen Strecke, andererseits wird die Leistungsdichte immer enger. Die Passagen auf Sand werden sehr ermüdend. Persönlich mag ich den Sand nicht besonders. Anders als die Niederländer und Belgier sind wir in Luxemburg nicht mit dem Rad im Sand aufgewachsen. Dazu müssen zwei Brücken pro Runde absolviert werden, das kann in den letzten Runden sehr anstrengend werden. Der Teil des Rennens, der auf dem Hippodrom stattfindet, erinnert mich an sehr schnelle belgische Rennen, die mir nicht besonders liegen.
Haben Sie eine Zielsetzung für das Rennen?
Mein erstes Ziel ist es auf jeden Fall, den Fehler vom letzten Wochenende nicht zu wiederholen. Ich werde das Rennen eher vorsichtig angehen, um mich nicht sofort abzuschießen. Mal sehen, wo ich nach der ersten Runde stehe. Ich fühle mich nicht in der Lage, eine Platzierung als Ziel auszugeben. Vielleicht kann ich für eine Überraschung sorgen.
Fakten zur Strecke
Die Strecke in Ostende ist in zwei Teile geteilt: Zum einen erwartet die Sportlerinnen und Sportler ein flacher Grasabschnitt auf der Pferderennbahn und ein zweiter am Sandstrand an der Nordsee. Die beiden Teile sind durch eine riesige Brücke verbunden – und das könnte entscheidend sein. Eine Runde ist insgesamt 2.900 Meter lang und besteht aus 1.388 Metern auf Gras, 412 Metern auf grober Asche, 580 Metern Sand, 220 Metern Asphalt/Beton und 300 Metern Brücke. Start und Ziel befinden sich auf der Bahn des Hippodroms in Ostende.
Der Kampf um den Titel: Niederländische Dominanz?
Es läuft darauf hinaus, dass die niederländische Armada den Weltmeistertitel im Nachbarland unter sich ausmacht. Die Gesamtwertung gewann in dieser Saison Lucinda Brand, die drei der fünf Weltcup-Rennen gewinnen konnte. Die Generalprobe in der vergangenen Woche in Overijse konnte Weltmeisterin Ceylin del Carmen Alvarado für sich entscheiden. Die 22-Jährige will ihren Titel, den sie 2020 in Dübendorf holte, verteidigen. Neben den Siegen von Brand und Alvarado konnte Denise Betsema einen Weltcup gewinnen. Betsema zählt für das heutige Rennen vor allem zu den Favoritinnen, weil die 28-Jährige auf der holländischen Wattenmeerinsel Oudeschild wohnt und es daher gewohnt ist, im Sand zu fahren. Etwas außen vor ist die siebenfache Weltmeisterin Marianne Vos. Die 33-Jährige zählt nicht zu den Medaillenkandidatinnen im achtköpfigen Aufgebot der Niederländerinnen.
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