Wie erwartet zog Bora-hansgrohe ein hohes Tempo auf der 14. Etappe der diesjährigen Tour de France an. Die deutsche Mannschaft hatte am Samstag das Ziel, die Sprinter auf den Anstiegen abzuhängen, um die Chancen auf einen Etappensieg für Peter Sagan zu erhöhen. Am Col du Béal (11,9 Kilometer Länge bei 5,3% Steigung) versammelte sich vorne Bora-hansgrohe, hinten Deceuninck-Quick Step. Sam Bennett hatte Schwierigkeiten, das Tempo mitzugehen, und musste kurz vor dem Gipfel abreißen lassen. „Wir wussten, dass Bora was versuchen würde“, erklärte Bob Jungels. „Aber der Rhythmus am Col du Béal war so hoch, dass sie mehr Fahrer als nur die Sprinter abhängten.“ 45 Sekunden hatte Bennett Rückstand auf das Peloton, für Bora-hansgrohe ging es nun darum, ihn auf den restlichen 125 Kilometern nicht mehr rankommen zu lassen. 77 Kilometer vor dem Ziel resignierte der Ire: Bennett klopfte Tim Declerq auf die Schulter und bedankte sich für seine Arbeit.
30 Kilometer vor dem Ziel betrug der Vorsprung 10 Minuten auf die Gruppe um Bennett, Bora-hansgrohe stellte seine Arbeit also vorerst ein. Im Finale in Lyon versuchten es dann vereinzelt Fahrer mit Attacken: Erst Tiesj Benoot und dann Soren Kragh Andersen (beide Sunweb), anschließend Lennard Kämna (Bora-hansgrohe), Valentin Madouas (Groupama-FDJ), Thomas de Gendt (Lotto-Soudal), Julian Alaphilippe (Deceuninck-Quick Step) oder Marc Hirschi (Sunweb) – sie alle wurden wieder eingefangen. Den richtigen Moment erwischte dann aber Andersen, als er 2,5 Kilometer vor dem Ziel erneut attackierte. Im Feld schauten sich die Fahrer nur an, keiner wollte so richtig mit dem Dänen mitgehen. Am Ende durfte der 26-Jährige seinen ersten Tour-de-France-Etappensieg feiern, Sagan kam im Schlussspurt als Vierter an. Bob Jungels überquerte mit dem Hauptfeld als 48. die Ziellinie, die Favoriten verloren keine Zeit. „Es ist eine sehr schnelle und intensive Tour mit einem Rhythmus, den ich so vorher noch nie erlebt habe“, erklärte Jungels am Samstag.
Starke Slowenen
Am gestrigen Sonntag folgte dann der erste wirkliche Showdown der Favoriten. Über 174,5 Kilometer ging es von Lyon zum Grand Colombier. Mit 17,4 Kilometer Länge bei 7,1 Prozent Steigung ist der Grand Colombier ein Anstieg der Hors Catégorie und gleichzeitig war es die erste HC-Bergankunft bei dieser Tour. 1:45 Minute betrug der Vorsprung der beiden Ausreißer Pierre Rolland (B&B Hotels-Vital Concept) und
Michael Gogl (NTT Pro Cycling) am Fuß des letzten Anstiegs. Im Favoritenfeld dahinter, das auch schon stark dezimiert war, dominierten die Farben Gelb und Schwarz. Der Träger des Gelben Trikots, Roglic, konnte noch auf Unterstützung von Wout Van Aert, Sepp Kuss, Tom Dumoulin und George Bennett zählen.
Bereits 13 Kilometer vor der Ankunft konnte erst Nairo Quintana (Arkéa Samsic) und dann Bernal das Tempo von Van Aert nicht halten. Um Bernal versammelten sich Jonathan Castroviejo und Michal Kwiatkowski. 12 Kilometer vor dem Gipfel hatte das kolumbianische Duo bereits 40 Sekunden Rückstand auf die Gruppe um Roglic. Vorne machte weiter Jumbo-Visma ein wahnsinniges Tempo. 7 Kilometer vor dem Ziel läutete Van Aert seinen Feierabend dann ein, nachdem der Belgier seinem Teamkollegen enorm unterstützt hatte. Aus der Gruppe der Favoriten attackierte erst Adam Yates (Mitchelton-Scott). Roglic reagierte vorerst nicht, der Brite hatte bereits einen Rückstand von 1:42 Minute im Gesamtklassement.
Yates wurde später eingeholt und war 1,5 Kilometer vor dem Ziel in der Gruppe mit insgesamt zwölf Fahrern: Roglic, Pogacar, Rigoberto Uran (EF Pro Cycling), Miguel Angel Lopez (Astana), Mikel Landa, Pello Bilbao (beide Bahrain-McLaren), Richie Porte (Trek-Segafredo), Enric Mas (Movistar), Dumoulin, Alejandro Valverde (Movistar) und Kuss. Aus dieser Gruppe attackierte zuerst der Träger des Gelben Trikots, Pogacar und Porte waren die Einzigen, die mitgehen konnten. In dem Führungstrio war letztendlich Pogacar am stärksten. Quintana kam mit 3:50 Minuten Rückstand im Ziel an, Bernal, der einen rabenschwarzen Tag erwischte, sogar mit 7:20 Minuten.
Nach dem Ruhetag am heutigen Montag geht es mit der 16. Etappe über 164 Kilometer von La Tour-du-Pin nach Villard-de-Lans weiter. Fünf Bergwertungen, davon eine der ersten Kategorie, sind anspruchsvoll. Zu Veränderungen an der Spitze der Gesamtwertung dürften diese Hindernisse in den Alpen aber kaum führen.
Jungels muss zwei Schreckmomente wegstecken
Für den Luxemburger Bob Jungels (Deceuninck-Quick Step) war die gestrige Etappe mit zwei Schreckmomenten verbunden. Nach 13,5 Kilometern kreuzte er die Fahrlinie von Sergio Higuita (EF Pro Cycling) und brachte ihn damit unabsichtlich zu Fall. „Ich habe einen Fehler gemacht, meine Bewegung war zu abrupt“, erklärte er. Nach 19 Kilometern stürzte der Kolumbianer erneut, dieses Mal an einem Kreisverkehr. Unter Tränen beendete er die Tour de France. Auch auf Twitter folgte die Entschuldigung von Jungels: „Ich möchte mich aufrichtig bei Sergio Higuita und EF Pro Cycling für meine Bewegung zu Beginn des Rennens entschuldigen. Es war nicht meine Absicht, diesen Sturz zu verursachen, aber ich bin absolut schuld, und ich hoffe, dass es Sergio angesichts der Umstände gut geht.“ Jungels steckte diesen ersten Schreckmoment während der Etappe schnell weg und präsentierte sich danach als Ausreißer. Er schloss aber nicht zu der ersten Gruppe auf und wurde dann vom Feld wieder eingeholt. In der Abfahrt, ehe es den Grand Colombier hinaufging, wurde Jungels dann von einem Krankenwagen angefahren. Der Luxemburger stürzte, trägt aber bis auf Schürfwunden keine schlimmeren Verletzungen davon. Am Ende kam Jungels mit 20:46 Minuten Rückstand als 48. im Ziel an.
Jungels accident.. #TdF2020pic.twitter.com/uAILyfqeUq
— La Flamme Rouge (@laflammerouge16) September 13, 2020
Resultate
14. Etappe, am Samstag: Clermont-Ferrand – Lyon (194 km):
1. Soren Kragh Andersen (Dänemark/Team Sunweb) 4:28:10 Stunden, 2. Luka Mezgec (Slowenien/Mitchelton-Scott) 0:15 Minuten zurück, 3. Simone Consonni (Italien/Cofidis), 4. Peter Sagan (Slowakei/Bora-hansgrohe), 5. Phillip Casper Pedersen (Dänemark/Team Sunweb), 6. Jasper Stuyven (Belgien/Trek-Segafredo), 7. Matteo Trentin (Italien/CCC Team), 8. Oliver Naesen (Belgien/AG2R La Mondiale), 9. Sonny Colbrelli (Italien/Bahrain-McLaren), 10. Marc Hirschi (Schweiz/Team Sunweb), 11. Anthony Turgis (Frankreich/Total-Direct Energie), 12. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates), … 48. Bob Jungels (Luxemburg/Deceuninck-Quick Step) alle gleiche Zeit
15. Etappe, gestern, Lyon – Grand Colombier (174,5 km):
1. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) 4:34:13 Stunden, 2. Primoz Roglic (beide Slowenien/Jumbo-Visma) gleiche Zeit, 3. Richie Porte (Australien/Trek-Segafredo) 0:05 Minuten zurück, 4. Miguel Angel Lopez (Kolumbien/Astana) 0:08, 5. Enric Mas (Spanien/Movistar) 0:15, 6. Sepp Kuss (USA/Jumbo-Visma), 7. Mikel Landa (Spanien/Bahrain-McLaren), 8. Adam Yates (Großbritannien/Mitchelton-Scott) alle gleiche Zeit, 9. Rigoberto Uran (Kolumbien/EF Pro Cycling) 0:18, 10. Alejandro Valverde (Movistar) 0:24, 11. Pello Bilbao (beide Spanien/Bahrain-McLaren) gleiche Zeit, 12. Tom Dumoulin (Niederlande/Jumbo-Visma) 0:34, … 43. Jungels 20:46
Gesamtwertung nach 15 von 21 Etappen:
1. Roglic 65:37:07 Stunden, 2. Pogacar 0:40 Minuten zurück, 3. Uran 1:34 zurück, 4. Lopez 1:45, 5. Yates 2:03, 6. Porte 2:13, 7. Landa 2:16, 8. Mas 3:15, 9. Nairo Quintana (Kolumbien/Arkea-Samsic) 5:08, 10. Dumoulin 5:12, 11. Guillaume Martin 6:45, 12. Valverde 6:52, 13. Egan Bernal (Kolumbien/Ineos) 8:25, … 43. Jungels 1:44:07
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