Die Kulisse entsprach nicht unbedingt der Wichtigkeit des Events (und der Geldsumme), die für Gastgeber FC Struga und den Luxemburger Meister Swift auf dem Spiel stand. Auf der Trainingsanlage der nordmazedonischen Nationalelf, außerhalb des Trubels des Stadtzentrums der Hauptstadt Skopje, ging es fernab von Zuschauern und Europapokal-Atmosphäre um immerhin 750.000 Euro. Dies ist zumindest der Betrag, der 2022 an die Play-off-Teilnehmer ging – für einen Einzug in die Gruppenphase bekamen alle 32 Teams eine Startprämie von 2,94 Millionen Euro … Auch wenn es vonseiten der UEFA noch keine konkreten Zahlen für die diesjährigen Wettbewerbe gab, so ist diesmal mit ähnlichen Summen zu rechnen.
Der neue Hesperinger Trainer Carlos Fangueiro jedenfalls träumte bereits öffentlich von einem internationalen Herbst in der Conference League. Das erste der beiden Duelle gegen Struga, einen Gegner, der im Vorfeld auf Augenhöhe eingeschätzt worden war, würde bereits einen konkreteren Blick in die Zukunft ermöglichen.
Für diese Aufgabe hatte sich der Trainer eine kleine Überraschung erlaubt und seine Nummer eins im Tor auf die Bank gesetzt. Geordan Dupire, der gegen The New Saints zu Hause einen Elfmeter verschuldet hatte, wurde durch Youn Czekanowicz ersetzt. Nach seinem Einsatz gegen Strassen am Sonntag war es für ihn das zweite Spiel in Serie. Nicht von Anfang an spielen konnte dagegen der angeschlagene Ex-Ligue-1-Stürmer Rachid Alioui, bei dem der Trainerstab wegen leichter Schmerzen kein Risiko einging.
Es dauerte 5:14 Minuten, ehe Europapokal-Neuling Czekanowicz den ersten Ball in Händen hielt. Einen Freistoß und eine Ecke hatten die Hausherren zu diesem Moment bereits getreten, beide Male aber ohne gefährlich zu werden. Trotzdem zeigte sich Struga dominant und effizienter in den Zweikämpfen. Aufgrund der Totenstille, die im Stadion herrschte, war die Härte bei jedem Kontakt zu spüren. Nach zehn Minuten hatte sich das Duell dann einmal verlagert: In der Mitte hatten Morren und Couturier die nötigen Bälle gewonnen. An der Seitenlinie war Fangueiro zu hören: „Wir wissen, was zu tun ist.“ Dennoch täuschten die kurzen Momente der Entlastung nicht über den Gesamteindruck hinweg: Struga hatte den besseren Einstieg ins Match geschafft und ließ den Swift laufen.
Was allerdings auf beiden Seiten in den ersten 20 Minuten fehlte, war der erste Torschuss. Dabei war es tatsächlich nur eine Halbchance, die zum 0:1 führte. Czekanowicz verschätzte sich bei einem weiten Ball nach vorne und griff ins Leere. Ibraimi reagierte am schnellsten, lief am überforderten Keeper vorbei und schob ins leere Tor (23.). Der Linienrichter hob die Fahne, entschied zunächst auf Abseits. Erst nach einer lauten Diskussion zeigte der Mann in Schwarz, dass der Treffer zählen würde – dies, da der Schlussmann das Leder berührt hatte. Der Swift-Keeper bekam aber schon kurz später die Chance, Klasse zu beweisen: In der 30. gab es einen weiteren Freistoß für Struga. Aus rund 20 Metern zog Ibraimi ab, diesmal flog Czekanowicz in die richtige Ecke und boxte das Leder aus der Gefahrenzone.
Die Hesperinger wollten logischerweise antworten, hatten aufgrund des fehlenden Zugriffs auf die Partie allerdings Probleme, gefährlich zu werden. Es war Spruds, der in der 25. Spielminute einen ersten Schuss auf das gegnerische Tor abgab. Die erste Großchance hatten die Luxemburger nach einer halben Stunde Spielzeit: Ayongo tanzte sich durch eine Traube an Gegenspielern hindurch und hielt drauf (34.). Der Keeper klärte so gerade eben. Ein schneller Antritt von Ekofo brachte die erste Swift-Ecke ein: Sinani lief zur Fahne, fand aber nur rote statt weiße Trikots bei der einstudierten Variante.
Stattdessen leistete sich die Swift-Hintermannschaft einen weiteren Fehler. Der insgesamt achte Elfmeterpfiff der Europapokalsaison gegen Luxemburger Vertreter ertönte in der 38.: Die Aktion war eigentlich bereits entschärft, als Morren nochmals hängenblieb. Ibraimi lief noch einmal vor das Tor und wurde von Simões gestoppt. Der Ex-Schalker ging mit seiner ganzen Erfahrung zu Boden – und verwandelte selbst vom Punkt (40.). Ein Anschlusstreffer blieb Sinani bei seinem tollen Freistoß in der Nachspielzeit verwehrt, auch der Nachschuss blieb folgenlos.
Die Ansprache in der Kabine dürfe gesessen haben. Jedenfalls kamen die Gäste mit einer ganz anderen Körpersprache und mehr Biss zurück aus der Kabine. Und wie! Ayongo hatte sich den Ball gegen zwei Gegenspieler eigentlich zu weit nach vorne gelegt. Doch die behinderten sich gegenseitig, sodass der Angreifer den Ball noch einmal vor die Füße bekam und den anstürmenden Stolz im freien Raum sah, der ins lange Eck verwandelte. Wenige Sekunden später trat der eingewechselte Akhalaia erstmals in Erscheinung. Couturier aus der Drehung (55.), Akhalaia, der mit dem Kopf nicht mehr herankam (68.) oder ein Schuss aus der zweiten Reihe von Stolz, der über das Gehäuse flog (68.): Die Hesperinger waren jetzt ebenbürtig.
In der 67. konnte Czekanowicz eine weitere Parade in seinem Statistikheft notieren, ansonsten war Swift weiter am Drücker. Ein Ayongo-Kopfball flog vorbei, Stolz legte den Ball zurück vor das Tor, doch Akhalaia kam nicht mehr dran (75.). Im direkten Gegenzug fiel die Vorentscheidung: Struga schickte wieder einmal seine gefährlichste Waffe, Ibraimi, alleine in die Tiefe. Als letzte Option sah Czekanowicz keine andere Möglichkeit, als dazwischenzugehen. Es gab Gelb – und einen weiteren Strafstoß in diesem Duell. Ibraimi erhöhte auf 3:1. Auf Hesperinger Seite hatte Ayongo (86.) noch einmal die Möglichkeit, zu verkürzen, doch sein Schuss wurde abgeblockt. In der Nachspielzeit flog sein Ball aus der Drehung ins Fangnetz.
So blieb es bei dieser Auswärtsniederlage, in der der Swift im ersten Durchgang nicht auf der Höhe der eigenen Erwartungen war.
Statistik
FC Struga: Kjosevski – Neziri, Radic, Krivanjeva – Malikji (46. Ukpa), Bojku, Shabani (90. Yahya), Zguro – Mazrekaj (81. Tairi) – Ibraimi (87. Kasami), Radeski (87. Jarovic)
Swift Hesperingen: Czekanowicz – Skenderovic (46. Delgado), Simões, Martins – Ekofo, Morren (61. Simon), Sinani (46. Akhalaia), Couturier (80. Hemkemeier), Spruds (61. Nouvier) – Stolz, Ayongo
Schiedsrichter: Sundberg – Yurdaku, Norgaard
Gelbe Karten: Radic, Krivanjeva, Bojku, Shabani, Tairi – Delgado, Czekanowicz
Torfolge: 1:0 Ibraimi (23.), 2:0 Ibraimi (40., Foulelfmeter), 2:1 Stolz (46.), 3:1 Ibraimi (77., Foulelfmeter)
Beste Spieler: Ibraimi, Radic – Couturier, Simões
Zuschauer: 250 zahlende
Stimmen
Carlos Fangueiro (Trainer): „Ich bin nicht zufrieden. Nicht nur aufgrund der Niederlage, sondern auch, weil wir in den ersten 45 Minuten nicht existiert haben. Der Gegner war beim ersten und zweiten Ball besser. Es gab Löcher, die wir nicht nutzen konnten. Vielleicht waren wir in den Hinterköpfen zu selbstbewusst. Wir sind in eine Falle getappt. Nach der Pause waren wir organisierter, die Spieler haben die Vorgaben umgesetzt. Aber auch hier fehlte der Realismus vor dem Tor. Das Duell ist aber noch nicht entschieden, jetzt kommt es auf die mentale Stärke an.“
Clément Couturier: „Unser Gegner hieß nicht Real Madrid … Allerdings waren wir einer Mannschaft unwürdig, die in die Gruppenphase einziehen will. Zudem gab es einen sechsten Elfmeter im fünften Spiel gegen uns. Ohne jemandem das ankreiden zu wollen, müssen wir uns Fragen stellen.“
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