Louis van Gaal wäre nicht Louis van Gaal, wenn ihm beim Gedanken an Lionel Messi die Knie schlottern würden. Nein, der niederländische Bondscoach begreift das geschichtsträchtige Kracher-Duell mit dem argentinischen Superstar im WM-Viertelfinale keineswegs als Problem – sondern als Geschenk. Messi, so sieht es van Gaal, könnte Argentiniens Schwachstelle sein.
„Natürlich ist Messi ihr gefährlichster und kreativster Spieler“, sagte van Gaal dem TV-Sender NOS – und kam dann zu einem interessanten Schluss: „Auf der anderen Seite beteiligt er sich nicht viel am Spiel, wenn der Gegner in Ballbesitz ist. Darin liegt unsere Chance.“ Der Plan, der van Gaals in den Niederlanden kritisierter Idee vom Effizienz-Fußball folgt, ist so einfach wie genial. Messi den Spaß, also den Ball, rauben, bevor die orange Konterwelle auf das argentinische Tor zurollt – so könnte die Elftal am Freitag (20.00 Uhr MEZ) vor über 80.000 Zuschauern im Finalstadion von Lusail zu „La Pulgas“ Kryptonit werden.
„Das wird eine umkämpfte Partie, wie alle bei dieser WM“, gab selbst Messi im Interview mit der Sportzeitung Ole zu. Die Niederländer verfügten über eine „großartige Mannschaft, mit großartigen Spielern und einem brillanten Trainer“. „Hart“ werde das Spiel um den Einzug ins Halbfinale, wo Brasilien oder Kroatien warten würden.
Fauxpas nur einmal
Hart war es für Messi, der bei immerhin drei Turniertoren steht, jedoch bereits die gesamte WM über. Bei seiner fünften Weltmeisterschaft, seinem „Ultimo Baile“, schwankt der 35-Jährige auf der Jagd nach dem für seine Karriere so wichtigen WM-Pokal bedenklich zwischen Spaziergänger und Star-Geiger. Ist Messi abgemeldet, wie bei der 1:2-Schmach gegen Saudi-Arabien, wirkt sich dies auf die gesamte Mannschaft aus. Fängt er plötzlich an zu zaubern, wie im Achtelfinale gegen Australien (2:1), laufen auch alle anderen ein bisschen schneller.
Sollte Messi am Freitag nach seinem 24. Spiel tatsächlich für immer von der WM-Bühne verschwinden, wäre diesem Viertelfinale bestimmt ein Platz unter den ganz großen Klassikern sicher. Irgendwo zwischen dem argentinischen WM-Triumph 1978 vor den Augen der Junta-Regierung, dem magischen Tor von Oranje-Ikone Dennis Bergkamp 1998 – und einer persönlichen Niederlage van Gaals vor acht Jahren, für die der Coach nun Wiedergutmachung leisten will. Bis heute verfolgt van Gaal die Erinnerung an das WM-Halbfinale 2014 von São Paulo, als die Finalträume gegen Messi und Co. erst im Elfmeterschießen geplatzt waren.
„Wir haben eine Rechnung zu begleichen“, so der 71-Jährige, der damals darauf verzichtet hatte, seinen Elfmeter-Killer Tim Krul zu bringen, wie er es sonst gerne getan hatte: „Ich schaue nicht gern zurück. Ich dachte damals, wir würden gewinnen, habe sogar entsprechend gewechselt.“ Ein solcher Fauxpas unterläuft einem Louis van Gaal nicht zweimal. (SID)
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