Michael Emenalo weiß, wie man von weit unten mit viel Hartnäckigkeit weit nach oben kommt. Vom Oberliga-Kicker bei Eintracht Trier stieg der Nigerianer dereinst zum WM-Teilnehmer und zum Direktor bei Chelsea und Monaco auf. Genau der richtige Mann also für das weltweit umstrittenste Fußball-Projekt: Emenalo soll die bislang belächelte saudische Profiliga, die am Freitag dank Öl-Milliarden aufgemotzt in die Saison startet, zum globalen Player machen.
„Die Welt kann nicht genug guten Fußball und Wettbewerb zwischen Klubs und Ligen haben“, sagt der 58-Jährige: „Das zieht Menschen an, das ist die Ambition hinter diesem wundervollen Vorhaben.“ Emenalo hat im Juli seinen Posten als Fußballchef der Saudi Pro League angetreten, leitet das „Player Acquisition Center of Excellence“.
Im Klartext: Der bestvernetzte Emenalo soll dafür sorgen, dass weitere große Namen dem Ruf des Geldes in die SPL folgen und das zynische „Sportswashing“-Prinzip, das Übertünchen von Menschenrechtsverletzungen durch glamouröse Sportveranstaltungen, mit Leben füllen. So wie in diesem Sommer Karim Benzema oder Sadio Mané. Und so wie im Vorjahr bereits Cristiano Ronaldo.
Für groteske 250 Millionen Euro pro Jahr ließ sich der Portugiese als Sportwaschmachine einkaufen. Und als Werbebotschafter. „Die Saudi-Liga ist besser als die amerikanische MLS“, sagt Ronaldo: „Und Europas Fußball hat viel Qualität verloren. Nur der Premier League geht es noch gut.“
Die SPL also mittelfristig als weltweite Nummer zwei? Noch spricht einiges dagegen. Bislang wechselten zumeist angegraute Stars nach Saudi-Arabien wie Ronaldo (38), Mané (32/beide Al-Nassr), Benzema (35), N’Golo Kanté (32/beide Al-Ittihad), Jordan Henderson (33/Al-Ettifaq) oder Riyad Mahrez (32) beim vom Deutschen Matthias Jaissle (abgeworben von RB Salzburg) trainierten Al-Ahli. Bei jungen Topstars wie Kylian Mbappé oder Victor Osimhen, für das Al-Hilal 300 bzw. 200 Millionen Ablöse bot, kassierten die Saudis Körbe.
„Goldgräber-Stimmung wie damals in China“
Zudem ist die SPL eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Die fünf erwähnten Topklubs sind jene, die der saudische Staatsfonds PIF – auch Besitzer von Newcastle United – zu 75 Prozent übernommen hat. Das Gros der anderen Klubs ist deutlich rückständig.
Trotz Starbesetzung zieht die Liga medial in nichtasiatischen Märkten kaum. Für den D-A-CH-Raum sicherte sich DAZN erst spät und geräuschlos die TV-Rechte. Live-Übertragungen aus einem Land, das 2022 knapp 200 Menschen hinrichten ließ und viele persönliche Freiheiten missachtet, können schließlich toxisch sein.
Dennoch sehen Europas Topklubs den Aufstieg am Golf mit Besorgnis. Eine „Bedrohung“ sieht Teammanager Pep Guardiola vom selbst mit Golf-Millionen aus Abu Dhabi frisierten Manchester City. Bayern-Trainer Thomas Tuchel erkennt eine „Goldgräber-Stimmung wie damals in China“.
Anders als dort aber, wo Mitte der Zehnerjahre Chinas Behörden die Protzsucht der Vereine einbremsten, sind die horrenden Investitionen in Saudi-Arabien staatlich gewollt. Seit 2021 hat der PIF rund sechs Milliarden Euro für Sportswashing ausgegeben, 600 Milliarden beträgt das Fonds-Kapital, im Rahmen des Regierungsprogramms „Saudi Vision 2030“ soll davon reichlich investiert werden, in Ligen, Einzelereignisse, eine Weltausstellung, vor allem aber, um die Fußball-WM 2030 zu holen.
Die SPL ist nur ein Teil des Konzepts, aber ein wichtiges und auf Langfristigkeit ausgelegtes. Mehr, mehr und mehr Stars sollen kommen, Kosten: egal. „Wir werfen unsere Netze so weit aus, wie es geht, um Talent in die Liga zu holen“, sagt Emenalo. Ein Versprechen und eine Drohung an die alte Fußball-Welt.
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