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Wirtschaft ist Krieg

Wirtschaft ist Krieg

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Wenn Krieg die Abwesenheit von Frieden ist, dann ist Wirtschaft Krieg. Wer erinnert sich noch an das Versprechen einer geeinten, freien Welt nach dem Fall des Eisernen Vorhangs vor über 20 Jahren? Eine ziemlich naive Vorstellung, wie wir spätestens heute wissen.

Eine Vorstellung, die darauf gründete, dass das Ende eines ideologischen Zweikampfes zwangsläufig zum Beginn eines immerwährenden Friedens führen würde. Ein Frieden, der durch den weltweiten Freihandel und die Globalisierung – die eben noch mehr Freihandel bringen sollte – noch verstärkt wird.

Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu

Man vergaß, dass Staaten jenseits der ideologischen Ausrichtung eben auch ein Eigenleben haben. Dass sie, ähnlich dem Menschen, genauso egoistisch handeln können. Der ideologische Zweikampf hatte diese Tatsache lediglich verdeckt. Unterbrochen oder gar beseitigt wurde dies jedoch nicht. In einer Welt reich an seltenen Ressourcen konnte dies auch nicht passieren. Komischerweise hätte die Vorstellung, dass der wirtschaftliche Austausch den Frieden zwischen den Nationen begünstigen würde, eigentlich nur ein paar Jahre bis zum ersten Golfkrieg dauern dürfen.

Dies hat wohl in unseren Breitengraden damit zu tun, dass das europäische Projekt – also zuallererst die wirtschaftliche Integration Europas – immer auch als Friedensprojekt von der Politik verkauft wurde. Eine Tatsache, die durchaus stimmt und dem westlichen Teil des Kontinents bis heute eine lange Friedensperiode beschert hat. Der nationale Reflex in Europa, der mit der Krise wieder auftauchte, zeigt allerdings, dass auch diese Tendenz nicht unumkehrbar ist.

Natürlich ist es kaum vorstellbar, dass morgen oder übermorgen z.B. zwischen Nord- und Südeuropa ein Krieg ausbrechen wird. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Verteidigung der nationalen Interessen immer im gegenseitigen Respekt und auf Augenhöhe abgewickelt wird.

Zumindest verbal haben viele Länder Europas – von Griechenland bis Luxemburg – einen Vorgeschmack davon bekommen, wie eine zukünftige neue Ordnung aussehen könnte, sollte denn das gemeinschaftliche Prinzip im Laufe der Krisenbewältigung aufgegeben werden und das Recht des Stärkeren wieder mehr Gewicht bekommen.

Dass es auch über das Säbelrasseln zwischen zwei souveränen Staaten hinausgehen kann, wenn es rein um Wirtschaftsinteressen geht, zeigt der aktuelle Konflikt zwischen China und Japan um die Vorherrschaft über die Senkaku-Inseln und die vermeintlichen Ressourcen am Seegrund in deren Umgebung. Man kann wohl auch hier mittelfristig einen offenen Krieg zwischen der Atommacht China und dem Inselstaat Japan und dessen Schutzmacht USA ausschließen. Groß sind die wirtschaftlichen Verbindungen. Allerdings lässt die Bandbreite zwischen Frieden und offenem Krieg so einiges an Scharmützeln zu, wie die Attacken gegen japanische Werke und Wirtschaftsinteressen in China vermuten lassen.

Festung Luxemburg?

Die heutigen Staaten benehmen sich nicht weniger aggressiv als ihre Pendants im 19. Jahrhundert, wenn es darum geht, wirtschaftliche Interessen durchzusetzen. Eine Lektion, die auch Luxemburg berücksichtigen sollte, wenn es hinaus in die weite Welt geht, um wirtschaftlich aktiv zu sein.

Denn wenn in Europa zumindest in einigen Bereichen der wirtschaftspolitische Austausch noch auf Augenhöhe und im Respekt demokratischer und kommerzieller Regeln funktioniert – wie anders ist es zu verstehen, dass Luxemburg so lange sein Bankgeheimnis verteidigen oder die Mehrwertsteuer für e-books auf drei Prozent senken konnte –, sind die Gepflogenheiten in der großen weiten Welt zunehmend andere und die Interessen der „Wirtschaftspartner“ leider nicht immer wohlwollend und so offensichtlich einsehbar.