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Weihnachten vor der Tür

Weihnachten vor der Tür

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In diesen Tagen, wo wir uns mit Feinkost und edlen Tropfen vollstopfen, wo wir, zusammengefasst, in Saus und Braus leben, denken wir eher selten an die, die draußen vor der Tür leben.

In diesen Tagen, wo wir uns mit Feinkost und edlen Tropfen vollstopfen, wo wir uns ernsthafte Gedanken über die Größe der erhofften Geschenke machen, wo wir uns auf ein friedliches Familientreffen freuen (oder auch nicht), wo wir in die Jahresendferienorte starten, wo wir, zusammengefasst, in Saus und Braus leben, denken wir eher selten an die, die draußen vor der Tür leben.
Obdachlose gibt es weit mehr, als wir uns das vorstellen können, denn die Dunkelziffer weicht arg von der offiziellen Zahl ab. Trifft es einen alleinstehenden Menschen, sind in der Regel die Weichen für das Abrutschen ins Berber-Dasein gestellt, wo die betäubende Wirkung billigsten Fusels letztlich das einzig verbleibende erstrebenswerte Ziel zu sein scheint, um der Wirklichkeit ins trübe Auge zu schauen. Ohne Familienbande – mögen sie in zerrütteten Verhältnissen auch noch so schwach ausgeprägt sein –, ohne das Bewusstsein, ein Quäntchen Mitverantwortung tragen zu müssen, und ohne die Gewissheit, in einer vertrauten Umgebung gelegentlich eine Schulter zum Anlehnen zu finden, ist die Bereitschaft noch größer, sich ganz und gar fallen zu lassen und die Schuld für das Abgleiten dem Schicksal zuzuschieben.

Roger Infalt rinfalt@tageblatt.lu

Vielleicht …

Wir nennen sie abwertend Penner, Walz- und Tippelbrüder, Stromer, Vagabunden und Clochards. Viele, die sich in der „alten Ordnung“ nicht mehr zurechtfinden – wo auch immer in der Welt, ob in Thailand oder Russland, in Deutschland oder Luxemburg –, weichen nach einer langen gesellschaftlichen Bindungslosigkeit auf ein „Leben draußen“ aus, in dem sie zusammen mit der Flasche „Platte machen“, sich am Straßenrand, am Bahnhofsgebäude, in der Fußgängerzone, im Geschäftseingang oder im Park unter der Tanne, zugedeckt mit einer Zeitung, niederlassen oder sich über einem Abzugsschacht wegen der Warmluft ausstrecken.
Und wenn sie in den nächsten Winterwochen hinüberdämmern in eine ewige Ruhe, dann ist es gerade mal eine Notiz auf der „Faits divers“-Seite der Zeitung wert. Vielleicht, aber eben auch nur vielleicht, flackert das Thema „Obdachlosigkeit in Luxemburg“ dann wieder kurz auf, es regnet – vielleicht – Leserbriefe und Kommentare, doch sicher ist, dass wir den „Anonymen“, diese Randgestalt der Gesellschaft, die in der Kälte krepiert ist, schnell vergessen haben.
Unser Gewissen machen wir uns frei mit einer Spende für die Armen, bevor es mit Jubel, Trubel, Heiterkeit weitergeht.
Erinnern wir daran, dass sich die sittliche Reife einer Gesellschaft daran zeigt, wie sie mit ihren Minderheiten umgeht. Ein Militärflugzeug kostet so viel wie zehn moderne, geräumige Obdachlosenheime.
Für die Rettung von Banken und die Verhinderung von Staatsbankrotten in Ländern, in denen die Reichsten der Reichen für den Begriff „Steuern“ nur ein mildes Lächeln übrig haben, sind Hunderte von Milliarden Euro „Stütze“ eine Selbstverständlichkeit.
Ein Clochard schlägt pro Tag einschließlich Taschengeld mit kaum 10 Euro zu Buche.
O du fröhliche …!?