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Was kommt?

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Die äußerst respektable und respektierte Wochenzeitung Die Zeit aus Hamburg hat sich diese Woche von Südeuropa verabschiedet und schrieb: „Die Länder des Nordens wollen nicht mehr zahlen – die Länder des Südens wollen nicht noch mehr leisten.“

Eine äußerst gewagte Assoziation. Was sind denn die Konsequenzen der „Leistungen“ des Südens, wenn nicht Massenarbeitslosigkeit, Armut und soziale Misere? Und hat nicht „der Norden“ wunderbar davon profitiert, in „den Süden“ Waren und vor allem Kapital exportieren zu können? Gewagt auch, weil in der Euro-Frage noch nicht aller Tage Abend ist.

Sascha Bremer
sbremer@tageblatt.lu

Es gibt in der Tat keine einfache Lösung der Krise für Europa, da es nicht die eine Krise gibt. Die Probleme des Kontinents sind mannigfaltig. Angefangen bei der Konstruktion des Euro und bei der politischen Entscheidungsfindung zwischen Brüssel, den Staaten, den Regionen usw. Hinzu kommen der Finanzsektor, das Problem mit der Staatsverschuldung, der wirtschaftlichen Ungleichgewichte. Nicht zu vergessen die Verschlimmerung der sozialen Lage, allen voran im Süden Europas. Völlig unsinnigerweise haben sich einige Länder einem Austeritätskurs verschrieben, der die wirtschaftliche Schieflage vollends verschärfte.

Eine Lösung indes wird es geben. Aufbruch oder Zusammenbruch, könnte man grob die Alternativen resümieren.

Wo demnach anfangen und was tun? Antworten auf diese Fragen haben Europas Eliten bislang kaum gegeben. Taxifahrer und anerkannte Wirtschaftsexperten konnten sich auch noch nicht auf eine Lösung einigen.

Seit Anbeginn der Krise wird leidenschaftlich über die faulen Südeuropäer und die bösen Nordeuropäer öffentlich diskutiert. Nach jedem der 19 Krisengipfel in Brüssel versuchte jeder, sich als Sieger darzustellen, sich zu profilieren. Die Krise wurde zerredet. Ernsthaft über sie diskutiert wurde in der Öffentlichkeit nie.

Allerdings verlor in den letzten Wochen sogar das junckersche „Bonmot“ – „Wenn es ernst wird, muss man lügen“ – an Bedeutung. Die Schaltstellen der europäischen Politik in Berlin, in Paris, in Brüssel verstummten zusehends. Die Wochenzeitung Die Zeit sah dies als „Hinweis darauf, dass demnächst die Währungsunion zerbricht“. Panik brach auf den Märkten aus.

Seit vorgestern jedoch wird plötzlich wieder geredet. In ganz knappen sybillinischen Sätzen zunächst. „Innerhalb unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir, das wird ausreichen“, meinte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag und deutete ein direktes Eingreifen der Europäischen Zentralbank an. Daraufhin brach an den Märkten Enthusiasmus aus. Damit löste Draghi aber auch eine Kaskade an Kommentaren aus. Erstaunlicherweise jedoch steht die deutsche Bundesbank mit ihrer Angst vor einem Ankurbeln der Gelddruckmaschine auf einmal ziemlich allein da. Unterstützung für Draghi gab es gestern sogar von Merkel und Schäuble. Für was genau, weiß der Normalsterbliche jedoch noch nicht.

Möglich ist vieles

Viele Szenarien sind denkbar. Käufe von Anleihen durch die EZB oder durch den Euro-Rettungsschirm. Die Vergabe einer Banklizenz für den geplanten dauerhaften Rettungsschirm ESM oder ein weiterer Schuldenschnitt für Griechenland. Dass die Zinsen auf Dauer niedrig bleiben werden, scheint ausgemacht. Es sind dies Politiken, die meistens zur Konsequenz haben, dass die Ersparnisse aufgefressen werden. Es ist dies auch der politisch einfachere Weg. Man braucht die Leute nicht zu fragen. Vielleicht wird sich dadurch ja sogar eine Vermögensabgabe „erspart“, welche die Superreichen hätte treffen können.

Es deutet sich an, dass die letzte Woche als einer der Schlüsselmomente in die Geschichte dieser Krise eingehen wird. Ob Jean-Claude Junckers Aussage während der Rede zur Lage der Nation – „Unsere Ersparnisse sind sicher, darauf können Sie sich verlassen“ – auch einmal als „Bonmot“ in die Geschichte eingeht, wird sich noch zeigen müssen.