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Wahnsinniger Machismo

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Zum Auftakt dieser Woche trat Südkorea als Gastgeber des Weltgipfels für nukleare Sicherheit auf. Solche Veranstaltungen sind dafür bekannt, dass sie am Ende außer einer wohltönenden Abschlusserklärung nichts Konkretes produzieren, das die Welt zu einem besseren Ort machen würde.

Mit Seoul war aber zumindest eine passende Location für ein derartiges Ereignis ausgewählt worden, und zwar nicht so sehr weil Südkorea einer der Hauptakteure auf dem Markt für zivile Atomtechnik ist, sondern vor allem, weil das kommunistische Regime aus dem Norden zusehends Wert darauf legt, der Welt zu beweisen, dass es sich bei der Kim-Clique und ihren Adlati um eine Kongregation ebenso hochgradig wie gemeingefährlich Bescheuerter handelt.

Logo" class="infobox_img" />Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

In der Tat hatte Pjöngjang im Vorfeld des Gipfels verkündet, dass man jede Gipfelresolution, die Nordkorea zu kritisieren wage, als „Kriegserklärung“ betrachten werde. Ähnlich beknackt und gemeingefährlich wie Nordkoreas Kommunisten sind die erleuchteten Schiiten, die im Iran am Ruder sind. In dem skandalösen ZDF-Interview, in dem Staatspräsident Ahmadinedschad sich einmal mehr nicht entblödete, die Shoah in Abrede zu stellen, wurde erneut deutlich, dass dieser Mann und seine Gesinnungsgenossen eher in eine geschlossene Anstalt als an die Spitze eines modernen Staatswesens gehören.

Besonders irritierend ist die Verlogenheit des iranischen Regimes: Die Behauptung, dass das eigene Atomprogramm nur rein zivilen Zwecken diene, ist reiner Humbug. Teheran stünden nämlich durchaus bewährte Technologien zur Verfügung, bei denen keinerlei waffenfähiges Material gebraucht oder produziert wird. Die persischen Islamisten sind aber an derlei Technik ganz offensichtlich nicht interessiert.

Der Mythos Osirak

Der Weg, den Teheran eingeschlagen hat, kann keinem anderen Ziel dienen als dem, in den Besitz der Bombe zu gelangen.

Aber: Rechtfertigt dies einen israelischen Angriff auf den Iran? Die klare Antwort: Unter keinen Umständen.

Durch eine israelische Attacke könnte mit weitaus höherer Wahrscheinlichkeit die Weltwirtschaft ins Chaos gestürzt werden – u.a. mit Ölpreisen von weit über 200 Dollar pro Barrel – als dass dem Mullah-Regime definitiv die Fähigkeit zum Bombenbau genommen werden könnte.

Das iranische Atomprogramm ist auf viele Standorte verteilt, von denen etliche so tief unter der Erde vergraben sind, dass ihnen auch die israelischen Bunkerbuster-Bomben aus US-Produktion nichts anhaben könnten.

Die Israelis sind einmal mehr dabei, zu Opfern ihres eigenen Machismo zu werden: der Vorstellung, dass man dem Moslem nur ordentlich die Hucke vollzuhauen brauche, auf dass man keine Probleme mehr mit ihm habe. Im Libanon ist Israel mit dieser Methode bereits mehr als einmal spektakulär gescheitert.

Und auch der von den Israelis so gern angeführte Präzedenzfall Irak kann nicht überzeugen: Zwar gelang es der israelischen Luftwaffe 1981 wohl, Saddam Husseins Osirak-Reaktor zu zerstören, doch hatte dies keinerlei Einfluss auf Saddams allfällige Bombenpläne, da Osirak von seinen französischen Konstrukteuren von vornherein so konzipiert worden war, dass er für militärische Zwecke nutzlos war.

Dies wurde aber von der israelischen Propaganda systematisch verschwiegen, und die Osirak-Attacke nährte fortan den Mythos, dass es für Israel im Prinzip kein außenpolitisches Problem gebe, das sich nicht zur Not von seiner unbezwingbaren Bomberflotte bereinigen ließe.

Es wäre nun an den Amerikanern, ihren guten Freunden aus Jerusalem auf die Pelle zu rücken und ihnen ihre wahnsinnigen Iran-Pläne auszureden.

Aber es ist Wahljahr: Obama wird sich nicht trauen, und die Republikaner wollen sich in ihrer geradezu hündischen Servilität gegenüber Netanjahu von niemandem überbieten lassen.

Man darf also getrost sehr pessimistisch sein.