Momentan leben im Großherzogtum 44 Prozent Ausländer; arbeiten tun bei uns gar 71 Prozent Nicht-Luxemburger. Wirtschaftlich gesehen profitieren alle (wohlgemerkt, diejenigen, die eine Arbeit haben) von der Situation. Vom politischen Standpunkt aus gesehen gibt es jedoch 44 Prozent Verlierer.
" class="infobox_img" />Claude Molinaro claude.molinaro@tageblatt.lu
In wenigen Jahren, so wird vorausgesagt, werden wir
in der Minderheit sein, ob wir es wollen oder nicht. Denn auch wenn man den Statistiken keinen Glauben schenkt, an zwei Tatsachen kommt niemand vorbei: Die Geburtenrate der Luxemburger stagniert seit langem. Um unser Sozialsystem aufrechterhalten zu können, brauchen wir aber immer mehr Beitragszahler. Ob das wirtschaftlich sinnvoll ist, wollen wir mal außen vor lassen. Dass die Arbeitslosenrate trotz zusätzlicher Arbeitsplätze steigt, trägt nebenbei auch nicht gerade zum sozialen Zusammenhalt bei.
Wer im Glashaus sitzt …
Wir müssen also bereit sein, noch mehr Nicht-Luxemburger aufzunehmen, da es für die Jobs, die geschaffen werden, nicht genügend Arbeitskräfte hierzulande gibt. Eine Gesellschaft kann aber kaum als demokratisch bezeichnet werden, wenn die eine Hälfte zwar brav ihre Steuern zahlt, aber politisch nicht mitbestimmen darf, was mit diesen Geldern geschieht. Zu einem richtigen Apartheid-System fehlen eigentlich nur noch getrennte Sitzreihen in den Bussen und separates Baden am Stausee.
Ein eingeschränktes Wahlrecht für Nicht-Luxemburger ist nicht mehr zeitgerecht. Westliche Politiker – unsere mit eingeschlossen – reisen gerne in der Welt herum und erteilen den Barbarenvölkern regelmäßig Lektionen in Sachen Demokratie. Wer im Glashaus sitzt, soll allerdings nicht mit Steinen werfen. Wird sich bei uns nichts ändern, dann wird in wenigen Jahren eine Minderheit über eine Mehrheit herrschen. Eine Mehrheit, die dann zum Teil schon in Luxemburg geboren wurde, das Land also auch als ihre Heimat betrachtet. Man hat in anderen Ländern schon gesehen, was geschieht, wenn ein Großteil der Bevölkerung auf Dauer vom politischen Entscheidungsprozess ausgeschlossen wird. Einerseits kann sich zwar niemand Rassenunruhen in Luxemburg vorstellen, andererseits aber verniedlichen Beschwichtigungen wie „das kann es bei uns doch nicht geben“ die Situation.
Ein Argument, das gerne von rechts – und halblinks – hervorgebracht wird, ist das der doppelten Staatsbürgerschaft: „Wenn die Ausländer bei uns wählen wollen, dann können sie ja die luxemburgische Nationalität beantragen.“ Gegenfrage: Warum? Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Von den gleichen Politikern, die das fordern, hören wir jeden Tag, dass die aktuelle Krise nur durch mehr Europa zu meistern sei. Ja, meine Damen und Herren, dann seid konsequent und räumt auf mit dem Nationalitäten- und Nationalismusunfug.
Ob man in einem Land ein politisches Mitspracherecht hat, darf nicht von einem Pass, einer Sprache oder dem Geburtsort abhängen. Es sollte alleine der Wunsch des Betroffenen entscheidend sein, diese Gesellschaft mitgestalten zu wollen.
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