Erst wurden eingangs der Woche die spanischen Banken gerettet – pardon, das müsste natürlich heißen: nicht gerettet. Zumindest wenn man Spaniens Premierminister Rajoy am Wochenende zugehört hat. Laut den Aussagen des konservativen Politikers sind die 100 Milliarden Euro aus den Töpfen der europäischen Rettungsfonds nämlich nur sehr niedrig verzinste Darlehen.
Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu
Doch ob Spaniens Regionalbanken – also die, welche die Immobilienblase befeuert hatten – tatsächlich aus dem Schneider sind, darf man bezweifeln. Denn das eigentliche Übel wurde durch eine Restrukturierung des Bankensegments noch gar nicht angepackt. Die 100 Milliarden Euro ohne Gegenleistung schinden wieder nur Zeit. Das zeigte sich bereits am Montag, als die Zinsen für spanische Papiere wieder in die Höhe schnellten.
Die Märkte kauften der Politik diese Rettungsaktion also nicht ab. Bekanntlich tendieren die Märkte in solch einem Fall dazu, eine typische Reaktion an den Tag zu legen: Sie verkaufen.
So kann man sich die Realität eben auch schönreden. Dies scheint jedenfalls eine Spezialität der europäischen Entscheidungsträger zu sein, wenn es ums Krisenmanagement geht.
Die ganze Austeritätsstrategie ging nach hinten los: Die Arbeitslosigkeit explodierte, die Lage der jeweiligen Staatshaushalte verschlimmerte sich dramatisch und die betroffenen Wirtschaften soffen ab. Aber die Austerität funktioniert bekanntlich, oder etwa doch nicht?
Griechenland, Irland, Portugal wurden „gerettet“ und mussten dafür drastische Auflagen erfüllen. Spanien beschritt ganz alleine den Austeritätskurs, mit dem katastrophalen Resultat, das man kennt.
Tragik der Demokratie
Szenenwechsel. Man behauptet immer, das antike Griechenland sei die Wiege der Demokratie. Allerdings wurde dort auch die Tragödie erfunden. In dem Land am Mittelmeer herrscht derzeit eine seltene Kombination beider Errungenschaften der Menschheitsgeschichte. Im Namen der Demokratie dürfen die Griechen sich ihre Tragödie selbst aussuchen. Laut Umfragen möchten die Hellenen gerne die Einheitswährung behalten. Dies wird ihnen allerdings nur im Gegenzug für den alles ausblutenden Austeritätskurs gewährt.
Aus politischer Sicht sieht die Wahl am kommenden Sonntag nicht besser aus. Europa und die Märkte drängen die Griechen dazu, die etablierten Parteien (Pasok und Nea Dimokratia) zu wählen.
Dabei sind es gerade diese beiden Parteien, die für den Schlamassel und die Nichtexistenz funktionierender staatlicher Institutionen verantwortlich sind. Die linke Partei Syriza könnte im Begriff sein, die kommenden Wahlen zu gewinnen, doch auch sie bietet – außer der Behauptung, man würde einseitig die Austerität beenden – kaum Lösungsvorschläge an. Die Wahl zwischen Pest oder Cholera hat man in dem Land jedenfalls bereits längst hinter sich gelassen.
Was ist allerdings eine Wahl wert, bei der das Resultat zwar über den Verbleib in der Eurozone entscheiden könnte, die zukünftigen Entscheidungen, ganz unabhängig vom Wahlergebnis, aber anderswo getroffen werden? Nichts.
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