Die bis dahin ungeschlagene Kampfmaschine war vom Nobody James „Buster“ Douglas auf die Bretter geschickt worden und kassierte die erste Niederlage seiner Profikarriere.
Für Tyson war es der Anfang vom Ende. Dabei hätte der Mann aus Brooklyn durchaus das Zeug dazu gehabt, in die Fußstapfen der ganz Großen wie Joe Lewis und Muhammad Ali zu treten. Doch der Nimbus der Unbesiegbarkeit war an diesem 10. Februar 1990 dahin, und Tyson konnte fortan nie mehr an sein altes Leistungsniveau im Ring anknüpfen. Negativer Höhepunkt war der Kampf gegen Evander Holyfield, in dem aus „Iron Mike“ „Iron Bite“ wurde. Private Probleme sowie falsche Freunde und Berater machten aus Mike Tyson einen armen Mann, obwohl er zuvor Millionenbörsen eingestrichen hatte.
Das Duell zwischen Tyson und Douglas, für den der völlig verdiente Sieg das einzige echte Glanzlicht seiner Karriere bedeutete, steht aufgrund seines unerwarteten Ausgangs stellvertretend für das Schöne im Sport. Gemeint ist, was die Franzosen als „la glorieuse incertitude du sport“ bezeichnen. In anderen Worten die Überraschungen, die dem Sport erst die nötige Würze geben. Wenn David den Goliath besiegt.
In Zeiten, in denen das Geld eine immer größere Rolle im Sport spielt, werden solche Momente seltener. Das gilt zumindest für die Mannschaftssportarten, in denen in der Regel die eingesetzten finanziellen Mittel über Sieg und Niederlage entscheiden.
So im Fußball, der in den vergangenen Jahrzehnten eine bemerkenswert rasante Entwicklung genommen hat. Erst 17 Jahre ist es zum Beispiel her, dass in Deutschland mit dem 1. FC Kaiserslautern ein Aufsteiger die Meisterschaft gewinnen konnte. Heute ist Ähnliches in Europas Fußball undenkbar, sofern kein Großkonzern oder ein Mäzen hinter dem Aufsteiger steckt. Denn Geld schießt Tore, und zu groß ist die Kluft zwischen Arm und Reich geworden, seitdem es Marketing, Champions League und Verteilungsschlüssel für TV-Gelder gibt. Die Gefahr liegt auf der Hand. Kommen stets nur ein oder zwei Vereine als Meister infrage, wird das Championat schnell langweilig.
In den individuellen Sportarten ist das anders. Auch wenn Mike Tyson vor 25 Jahren als haushoher Favorit in das Duell mit Buster Douglas ging, so hatten beide Männer vor dem Fight doch die gleichen Voraussetzungen. Beinahe wäre es nicht zur Sensation gekommen. Hätte der Ringrichter nach Douglas’ Niederschlag in der achten Runde nicht aufreizend langsam gezählt, Tyson wäre weiter ungeschlagener Weltmeister aller Klassen geblieben. Und vielleicht wäre es auch nicht zum totalen Absturz des bemitleidenswerten Champions gekommen.
So bleibt das Schicksal Mike Tysons beispielhaft für alles, was der Profisport mit einem Menschen anstellen kann. Erst der kometenhafte Aufstieg vom Jungen aus der Gosse zum allseits gefeierten und umgarnten Boxhelden. Dann ein jäher Absturz bis hin zur totalen sportlichen und menschlichen Bankrotterklärung.
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