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Überfälliger Dialog

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Die Europäische Kommission will den sozialen Dialog in der Union wieder aufnehmen und fördern. EU-Kommissionspräsident Juncker hatte dies zu einer seiner Prioritäten erklärt.

Vergangene Woche nun fand in Brüssel eine große Konferenz statt, an der über 400 Akteure aus dem sozialpolitischen Bereich und der EU teilnahmen und auf der viele gute Absichten angekündigt wurden.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

Die Initiative Junckers, den sozialen Dialog wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken, ist zum einen ein Eingeständnis, dass dieser unter den vorherigen EU-Kommissionen eher vernachlässigt wurde. Zum anderen reagiert der neue Hausherr im Brüsseler Berlaymont-Gebäude damit auch auf die in den letzten Jahren bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise geschaffene gefährliche Schieflage der gesellschaftlichen Kohäsion. Denn bislang wurde sich ausschließlich auf die wirtschaftlichen und finanziellen Aspekte der Krise konzentriert, meist auf Kosten des Sozialen.

Was aber soll nun anders werden? Den Sozialpartnern wird in Aussicht gestellt, dass sie stärker in die sogenannte wirtschaftliche Governance und die politische Gestaltung eingebunden werden, auch in Bereiche, die über Fragen der Beschäftigung und der Sozialpolitik hinausgehen. So beispielsweise beim Europäischen Semester, während dessen die jährlichen Haushalte und Reformpläne der EU-Mitgliedstaaten von Brüssel unter die Lupe genommen und im Hinblick auf eine bessere wirtschaftliche Koordinierung bewertet werden. Bislang fand diese Übung ausschließlich aus einer rein wirtschafts- und finanzpolitischen Perspektive statt, weshalb sich etwa die EU-Sozial- oder Arbeitsminister hiervon ausgegrenzt sahen. Nun aber könnten sie mehr Gewicht erhalten, wenn auch die Sozialpartner während des Europäischen Semesters größeres Gehör bei der EU-Kommission finden sollten.

Dabei bietet sich dann die Gelegenheit, soziale Parameter stärker in die Bewertung der Leistungs- und Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlicher Unbill der EU-Staaten einzubeziehen. Nebenbei dürfte es sich aus luxemburgischer Sicht der EU-Kommissionspräsident nicht nehmen lassen, deutlich zu machen, dass Luxemburgs Indexsystem, das in den vergangenen Jahren immer wieder von Brüssel kritisiert wurde, eigentlich ein wunderbares soziales Instrument ist.

Eine stärkere Berücksichtigung sozialer Standards macht Sinn, das haben die vergangenen Jahre gezeigt. Während der Krise, die wegen ihres unverantwortlichen Umgangs mit Unmengen von Kapital durch Banken und große Investoren ausgelöst wurde, hat sich gezeigt, dass insbesondere Staaten mit einem guten sozialen Auffangnetz die Menschen am wenigsten zu leiden hatten. Es ist daher an der Zeit, dass die EU neben ihrer finanzpolitischen Absicherung, die sie mit dem Two- und Six-Pack sowie anderen Mechanismen eingeführt hat, mit Sozialstandards die EU-Bürger vor dem Fall in die Armut schützt und andere dort herausholt. Dazu sollte der jetzt lancierte soziale Dialog genutzt werden.

Als erster Praxistest für den Sozialdialog der EU-Kommission bietet sich Griechenland an, wo ganze Bevölkerungsschichten durch unverantwortliche Sozialkürzungen, Steuervermeidung und Ähnliches in den Ruin getrieben wurden.