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Teurer «Brexit»

Teurer «Brexit»
(Alain Rischard/editpress)

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Wahlen im Ausland wirken meist weit weg – direkte Bezüge sind für das heimische Publikum oft nur schwer herzustellen oder nachvollziehbar.

Allerdings verdeutlichen die anstehenden Wahlen in Großbritannien, dass selbst jeder noch so egoistische Bürger hierzulande ein Mindestinteresse an den Geschehnissen auf der Insel haben sollte. Dass je nach Wahlausgang ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der EU bevorstehen könnte („Brexit“), spielt nämlich auch für Luxemburg eine Rolle. Je nach Einschätzung könnte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner im Großherzogtum im Falle eines «sanften Ausstiegs» um 0,48 Prozent und im Falle einer kompletten «Isolation» gar um ganze 0,80 Prozent sinken.

Dhiraj Sabharwal dsabharwal@tageblatt.lu

Allerdings sind viele Analysten mit ihrer ständigen «Brexit»-Rhetorik etwas voreilig. Denn wenige Tage vor der Wahl am Donnerstag bleibt es spannend. Die jüngsten Umfragen deuten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Konservativen und Labour hin. Demnach ist für keine Partei eine absolute Mehrheit drin und umso mehr müssen Bündnisse eingegangen werden, die nicht zuletzt von den «Königsmachern» der schottischen Nationalisten (SNP) abhängen könnten. Vor allem der euroskeptischen UKIP und den Tories von Premier David Cameron ist der Verbleib in der EU ein Dorn im Auge. Für Labour und die Liberaldemokraten wäre ein Referendum über den Verbleib in der EU hingegen unnötig: Sie wollen auf keinen Fall, dass das Königreich Europa den Rücken kehrt.

Die Ausführungen verdeutlichen, dass der für Luxemburg relevante «Brexit» letztlich von einer vielschichtigen Wahl in Großbritannien abhängt, die am Ende eine Regierung hervorbringen könnte, die gar keinen Gedanken mehr an einen „Brexit“ verschwendet. Dies wäre aus luxemburgischer und europäischer Sicht nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus historisch-politischen Gründen eine positive Entwicklung. Und es sieht in Sachen Wandel gar nicht schlecht aus: Cameron und seine Konservativen konnten ihren Vorsprung gegenüber Labour bislang nicht ausbauen – obschon der Wahlkampf zu einer extremen Nabelschau verkommen ist. In den meisten Debatten spielt Außenpolitik keine Rolle mehr, was nicht zuletzt dem amtierenden Premier anzukreiden ist; hat sich der Rückzug Londons von der Weltbühne doch gerade unter seiner Führung drastisch beschleunigt.

Aber auch bei den rein innenpolitischen Themen hat Cameron nicht wirklich gepunktet. Die von UKIP befeuerte Euroskepsis wuchs letztlich nur, da viele Briten das Gefühl haben, von den Tories im Stich gelassen worden zu sein. Trotz positiver Konjunkturdaten konnten die Konservativen nichts daran ändern, dass Wohlstand und Einkommen in den letzten Jahren abgenommen oder zumindest stagniert haben. Selbst das von Cameron als Befreiungsschlag inszenierte Referendum über den Verbleib in der EU hat den Machtzuwachs der UKIP-Populisten nicht einzudämmen vermocht.

Ob es Labour am Ende gelingt, eine funktionierende Koalition zu schmieden, ist ungewiss, aber zumindest wünschenswert – auch wenn Ed Miliband nicht der sozialdemokratische Messias sein wird, für den ihn so manche Beobachter halten. So viel sollte aber auch jedem hierzulande klar sein: Mit einem «Brexit» wäre weder Luxemburg noch Europa in irgendeiner Form geholfen.

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