Nun gibt es auf der Linken etliche Menschen, die darauf nur mit einem Achselzucken reagieren. „Na und? Speck und Schweinefleisch! Da kann keine Wahl irgendeinen substanziellen Unterschied hervorbringen.“
" class="infobox_img" />Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu
Nun ja. Aber: Auch als aufrechter europäischer Linker sollte man sich einer Tatsache bewusst sein: In Sachen US-Präsident „kritt ee kee gemoolt“, wie es auf Luxemburgisch so schön heißt. Gerade bei US-Präsidentschaftswahlen muss man sich am Ende halt oft mit dem kleineren Übel bescheiden. Nun besteht zwischen dem, was US-Präsidentschaftskandidaten im Vorwahlkampf und anschließend im Wahlkampf so von sich geben, und dem, was sie – sobald sie im Amt sind – tatsächlich in die Praxis umsetzen, oft ein himmelweiter Unterschied.
Stalin, ein Moslem aus Kenia
Stichwort „Obamacare“: Dem Präsidenten wird von republikanischer Seite vorgeworfen, ein System der Gesundheitsversorgung einführen zu wollen, das in den Augen der Tea-Party den Tatbestand des Bolschewismus in besonders schwerem Falle erfüllt.
Dabei wurde dieses System einst in seinen Grundlagen ja nun eigentlich von einem gewissen … Mitt Romney – seines Zeichens damals Gouverneur von Massachusetts – ersonnen.
Als sich eine gewisse Hillary Clinton vor gut vier Jahren im demokratischen Vorwahlkampf vom Massachusetts-Modell inspirieren wollte, um ein föderales Modell einer universellen Krankenversorgung vorzuschlagen, machte ihr ein gewisser … Barack Obama den Vorwurf, größenwahnsinnige Ideen zu propagieren, die nicht zu finanzieren seien. Als sich dieser wiederum dann nach seiner Wahl daran machte, Romneycare auf föderaler Ebene umzusetzen, waren es die Republikaner desselben Romney, die ihn darob als schlimmsten Gewaltherrscher seit Josef Stalin zu brandmarken suchten. Aber, nicht wahr, was will man schon von einem in Kenia geborenen Moslem – und mithin gleich zweifachen Untermenschen – auch Besseres erwarten?
Nun, summa summarum ist die amerikanische Politik mit den Mitteln der Logik oft noch ungleich schwerer zu begreifen als das, was sich hierzulande auf diesem Gebiet mitunter so tut.
Dennoch darf man davon ausgehen, dass ein Obama II für eine deutlich zivilisiertere Politik stehen würde als ein Romney I, der aus wahltaktischen Gründen zwar nun Kreide gefressen hat, der aber seine ganze Amtszeit lang eine Geisel jener rechtsradikalen Tea-Party-Whackos und Ayn-Rand-Jüngern bliebe, die alles daransetzen, die USA unter den westlichen Demokratien als eine ausgesprochen anxiogene Abnormität erscheinen zu lassen. Und zwar eine, die, wenn auf Weltebene denn nun alles mit rechten Dingen zuginge – was es indes nicht tut –, quasi ebenso einer Zwangsjacke bedürfte wie die Regimes der gemeingefährlichen Irren aus Teheran oder Pjöngjang.
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