Denn das Großherzogtum steht seit vergangener Woche am internationalen Pranger, das «Luxemburg-Bashing» wird befeuert von Journalisten aus aller Welt.
" class="infobox_img" />Philip Michel pmichel@tageblatt.lu
«Für mich is dit ne echte Schweinerei», zitiert zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung in ihrer Online-Ausgabe eine echte Berliner Schnauze, «aber hier finden se immer mehr Luxemburger Firmen jetzt, und daran hat das Land Berlin ooch ne Mitschuld, sach ick mal.» Was beim Leser hängen bleibt: Berlin ist zwar auch nicht ganz ohne Schuld, doch die Hauptverantwortlichen der Misere sind in Luxemburg zu suchen. In Wirklichkeit aber geht es um eine kanadische Pensionskasse, die 4.500 Berliner Wohnungen aufgekauft hat. Da der Fonds auf der LuxLeaks-Liste steht, kommt es zum Amalgam der Dinge.
Gleiches Bild in Bochum. In einem ARD-Bericht über LuxLeaks werden verwahrloste Straßenzüge in der Arbeiterstadt im Ruhrgebiet gezeigt. Im Unterton des Berichts ist für jeden unmissverständlich herauszuhören: Die deutschen Gemeinden haben kein Geld, weil große Betriebe mit der Hilfe Luxemburgs keine Steuern zahlen. Gleiches im Bericht zu einem Zeitungskiosk, der wegen der übermächtigen Konkurrenz von Amazon pleiteging. Amazon und Luxemburg, da war doch was? Unterschwellig wird auch hier eine (Mit-)Schuld Luxemburgs am Sterben des kleinen Bochumer Kiosks suggeriert.
Absurdes über Luxemburg gibt es derzeit überall zu lesen und zu hören. So behauptet das renommierte Wall Street Journal doch tatsächlich, die Finanzbranche habe alle Luxemburger reich gemacht. Und in Frankreich zeigt man prinzipiell gerne auf das kleine Nachbarland, um von der eigenen Ohnmacht abzulenken. Dass 80.000 französische Grenzgänger hierzulande einen Job haben, wird dabei vergessen. So zeigte die letzte Woche sehr zum Leidwesen Luxemburgs, dass Schablonendenken auch in den renommiertesten ausländischen Medien durchaus ausgeprägt ist.
In Deutschland war es ohnehin eine schwarze Woche für den Journalismus. Die Nachricht des geplanten Lokführerstreiks sorgte für noch nie da gewesene Auswüchse in den Medien. Und das nicht nur bei den üblichen Verdächtigen von Bild und Co. «Alle Räder stehen still, weil Claus Weselsky es so will» war da noch eine Schlagzeile der harmloseren Sorte. Der Chef der Lokführer-Gewerkschaft GDL wurde öffentlich an den Pranger gestellt («Jetzt dreht er völlig durch», Hamburger Morgenpost) und dabei die Grenze des Erträglichen weit überschritten. Focus Online zeigte Bilder von Weselskys Haus in Leipzig, während die Bild-Zeitung seine Telefonnummer auf Seite eins abdruckte (hier können Sie den «Wahnsinnigen» erreichen).
Paradoxe Welt: Eine Gewerkschaft, die für die Rechte der Arbeiter eintritt, wird in den Medien lächerlich gemacht. Warum? Weil der Streik den Komfort der Bürger, dem das Hemd bekanntlich näher als der Rock ist, einschränkt.
Also ist es doch einfacher, auf die Gewerkschaft einzuprügeln. Genauso wie es einfacher ist, mit dem Finger auf den «Schurkenstaat» Luxemburg zu zeigen.
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