Die einzigen französischen Soldaten, die zu Jahresende noch am Hindukusch verbleiben, werden nicht mehr auf Taliban-Jagd gehen. Sie sollen vielmehr für eine geordnete Rückführung des französischen Materials in die Heimat sorgen.
Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu
Doch ein Konflikt wie jener in Afghanistan endet nicht damit, dass man alle Kämpfer vom Schlachtfeld abzieht. Für viele direkt Betroffene, sei es die afghanische Bevölkerung vor Ort, seien es die westlichen Soldaten, die in diesem fernen Land im Einsatz standen, wird dieser Krieg noch Jahrzehnte dauern. Viele werden bis zu ihrem letzten Augenblick an dem tragen, was sie zu erleben hatten. Auch dessen sollten sich alle Politiker bewusst sein, die über die Teilnahme an einem solchen Krieg zu entscheiden haben: Es werden möglicherweise noch Menschen an seinen Konsequenzen leiden, wenn sie, die politisch Verantwortlichen, schon nicht mehr unter den Lebenden weilen.
Versöhnung mit den eigenen Soldaten
Die US-Präsidenten Kennedy, Johnson und Nixon, unter deren Führung das Land in der Vietnam-Tragödie versank, sind längst ad patres heimgekehrt. Viele Veteranen jedoch, die in Indochina Schreckliches erleben mussten – oder es selbst anrichteten –, vermögen ihres Lebens selbst vier Jahrzehnte nach ihrer Heimkehr nicht mehr so recht froh zu werden.
Präsident Obama hat deshalb nun eine Initiative ins Werk gesetzt, die dazu beitragen soll, dass sich die Nation wieder mit ihren eigenen Soldaten versöhnt. Erinnern wir daran, dass ein Großteil der US-Soldaten damals keineswegs freiwillig nach ’Nam gingen, sondern als Wehrpflichtige zwangsrekrutiert wurden. Sie wurden bei ihrer Heimkehr dann auch noch mitnichten als Helden gefeiert, sondern au contraire wie Aussätzige behandelt.
Und während in Irak und Afghanistan keine Wehrpflichtigen mehr zum Einsatz kamen, gingen dort längst nicht alle „Freiwilligen“ freiwillig an die Front: Gerade in den USA, aber auch in anderen westlichen Ländern gehen junge Menschen unter die Fahnen, nicht weil sie mordikus nach dem Heldentod strebten, sondern weil ihre miserablen Aussichten auf dem Arbeitsmarkt ihnen kaum eine andere Alternative zu lassen scheinen.
Der real existierende Kapitalismus sorgt – gerade in seiner ultraliberalen Form – mit Hilfe der gezielt geschürten Angst vor dem sozialen Abstieg dafür, dass den Streitkräften der Nachschub an potenziellem Kanonenfutter nicht versiegt.
Es ist ein Glücksfall für die USA wie für Frankreich, dass sie nun von jungen Präsidenten regiert werden, die durch eine rasche Beendigung des Afghanistan-Konfliktes nicht ihr Gesicht verlieren: Keiner der beiden hat die Entsendung ihrer Truppen an den Hindukusch zu verantworten. Man kann aber nur hoffen, dass beide es sich aufgrund dieser Erfahrung gründlich überlegen, bevor sie ihre Soldaten einmal mehr in einen dieser ungewinnbaren Kriege am Ende der Welt entsenden.
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