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Sanktionen reichen nicht

Sanktionen reichen nicht

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Während in Syrien vor allem in der Hauptstadt Damaskus und im Wirtschaftszentrum Aleppo regimetreue Truppen versuchen, gegen die Kämpfer der Rebellen wieder Boden gutzumachen, verhängen die EU-Staaten weitere Sanktionen gegen die Machthaber in der Levante.

Es ist das 17. Mal, dass sich die 27 mit dem mittlerweile zum Bürgerkrieg ausgewachsenen Krisenherd im Nahen Osten befassen. Dabei sind die EU-Außenminister nicht sehr weit gekommen: Eine „Verschärfung“ des Waffenembargos sowie die Verhängung von Sanktionen gegen weitere Personen und Einrichtungen, die das Regime unterstützen, wurden beschlossen. Auf mehr scheinen sich die 27 nicht einigen zu können.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

Was allerdings ein verschärftes Waffenembargo in diesem Stadium des Krieges noch bewirken kann, ist mehr als fraglich. Dies wirft aber auch die Frage auf, warum nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt die jetzt erst beschlossenen Kontrollen möglicher Waffenlieferanten auf hoher See eingeführt wurden.

Keine politische Lösung zu erwarten

Eine politische Lösung der Auseinandersetzungen in Syrien, als Gegenentwurf zur militärischen Variante, ist wohl nicht mehr zu erwarten. Eine solche hat Assad auch nie angestrebt. Diktatoren verhandeln nicht. Das liegt nicht in der Natur ihres Wesens. Und dass es sich beim Al-Assad-Regime um eine Diktatur handelt, daran dürfte nach all den Monaten, in denen die Bevölkerung des Landes wahllos den Kugeln und Bomben der Regierungstruppen ausgesetzt war, kein Zweifel mehr bestehen. In solch einer Lage drängt sich, so, wie es bei anderen Erhebungen im Zuge des Arabischen Frühlings geschehen ist, eine, wenn auch zu diesem Zeitpunkt nicht gleich eindeutige Parteinahme, so doch unter bestimmten Bedingungen in Aussicht gestellte Unterstützung der Regimegegner auf.

Dazu konnten sich die Europäer bislang noch nicht durchringen. Zumal da, im Gegensatz zum Fall Libyen, keine klaren Fronten mit einer geeinten, wenn auch von unterschiedlichen Elementen getragenen Opposition vorhanden ist. Gerade deshalb könnte ein Werben der EU-Europäer, den Assad-Gegnern Unterstützung welcher Art auch immer zukommen zu lassen, vermutlich eine Katalysatorwirkung in diese Richtung entfalten. Es wäre zumindest eine Möglichkeit, einem drohenden Zerfall des Landes in einen Krieg zwischen den Gemeinschaften entgegenzuwirken. Und möglicherweise die Basis für eine Zusammenarbeit nach der Ära Assad zu legen.

Die Europäer nehmen sich und ihre Mittelmeerpolitik aber offenbar noch immer nicht ernst genug. Denn neben den arabischen Ländern haben vor allem sie ein Interesse daran, dass sich in den Mittelmeeranrainer-Staaten Stabilität und eine demokratische Kultur entfalten. Darauf Einfluss zu nehmen, ist nicht dadurch zu erreichen, dass nach monatelangen Kämpfen und Abertausenden Toten mit Nuancen zu einem Waffenembargo reagiert wird. Vor allem, da sich auf der anderen Seite mit Russland, und in geringerem Maße auch mit China, zwei Vetomächte nicht scheuen, dem Damaszener Regime bei der blutigen Niederschlagung der von einer Reformen fordernden zu einer Revolte mutierten Protestbewegung den Rücken freizuhalten.

Dass auch in Syrien nach einem Regimewechsel sehr schnell religiös Radikalere an die Spitzen des Staates gelangen können, ist nicht auszuschließen, ja sogar wahrscheinlich. Doch zeigen die Beispiele Tunesien und Ägypten – auch wenn sich diese noch in einer Anfangsphase befinden –, dass deren internationale Eingebundenheit durchaus mäßigend wirken kann.