Auch auf europäischer Ebene dürfte sich das bereits begonnene Umdenken, was die Bewältigung der Krise anbelangt, nun endgültig durchsetzen. Das Vorhaben, den sogenannten Fiskalpakt wieder aufzuschnüren und um die Elemente Wachstum und Beschäftigung zu erweitern, war das europapolitische Thema, mit dem sich Hollande während des Wahlkampfes vom Kandidaten Nicolas Sarkozy unterschied.
Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu
Die Vorbereitungen haben bereits begonnen, auch wenn bei manchen Politikern, wie es scheint, noch immer Überzeugungsarbeit geleistet werden muss. Das hat etwa das letzte Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs gezeigt, von dem sich manche Beobachter bereits handfeste Entscheidungen für die Stimulierung des Wachstums in der EU erhofft hatten. Herausgekommen waren allerdings nur unverbindliche Allgemeinheiten, die in keiner Weise dem entsprochen haben, was an sich nötig gewesen wäre.
Umso mehr wurde sich über die Unterzeichnung des sogenannten Fiskalpaktes gefreut, ein Sammelsurium an Spar- und Kontrollvorschriften, von denen Letztere ohnehin bereits in der einen oder anderen Form im europäischen Regelwerk festgeschrieben sind. Sie müssen nur angewandt werden.
Eindimensionale Politik
Der Fiskalpakt ist allerdings nichts weiter als die vertragliche Festschreibung einer von Angela Merkel diktierten und von Nicolas Sarkozy mitgetragenen Austeritätspolitik, die die kontinentale Fortschreibung jener eindimensionalen Politik ist, mit der vor über zwei Jahren der griechischen Schuldenkrise zu Leibe gerückt wurde. Wo dies die Griechen, und in der Zwischenzeit auch andere Euro-Staaten wie Portugal und Spanien, hingeführt hat, ist hinreichend bekannt: in eine Sackgasse.
Bei vielen politischen und institutionellen Akteuren in Europa hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass Sparen allein nicht ausreicht. Mit zunehmender Ungeduld warten viele in der EU darauf, dass nun auch Taten folgen und möglichst bald eine Wachstumsstrategie für den Kontinent ausgearbeitet wird. Über die dazu nötigen Finanzierungsinstrumente und -möglichkeiten – Einführung von sogenannten Projekt-Bonds und Einbeziehung der Europäischen Investitionsbank (EIB) – dürfte mittlerweile kaum noch gestritten werden. Viel mehr ist es wohl auch nicht, was François Hollande fordert. Und um der deutschen Bundeskanzlerin etwas entgegenzukommen, wird der neue französische Präsident wohl nicht umhinkommen, ihr Festhalten an der „rigueur“ zu akzeptieren. Wenn auch eine Diskussion darüber, ob nicht doch der Zeitrahmen gestreckt werden könnte, während dem die Haushalte in der Eurozone konsolidiert werden sollen, nicht unnütz wäre.
Vom neuen französischen Präsidenten muss darüber hinaus etwas mehr erwartet werden können als „nur“ die ohnehin notwendige Kurskorrektur in Sachen Krisenmanagement und -bewältigung. Er wird künftig eine der maßgeblichen Stimmen im Europäischen Rat sein, von dem ja die „erforderlichen Impulse“ für die Entwicklung der Union und die dafür notwendigen „politischen Zielvorstellungen und Prioritäten“ ausgehen sollen. Hier kann er dann also zeigen, dass ein politischer Wechsel durchaus einen Unterschied machen kann.
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