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Poker am Nil

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Überraschende Wende in Ägypten: Der bislang als schwach geltende islamistische Präsident Mohammed Mursi reißt die Macht an sich. Nicht nur feuerte er Hussein Tantawi, den starken Mann der Übergangsphase, sowie Sami Annan, die Nummer zwei des Militärrats, er erklärte zudem den Verfassungszusatz, der die Macht des Präsidenten beschnitt, für null und nichtig. Damit besitzt der Muslimbruder, der zuvor tatenlos zusah, wie das Militär das von den Islamisten dominierte Parlament auflöste, zum ersten Mal eine wahrhaftige Handlungsfreiheit.

Unklar ist allerdings, inwiefern die Armeeführung in Mursis Vorhaben eingeweiht war. Die Streitkräfte sind seit 1952 die stärkste politische und wirtschaftliche Kraft am Nil; sie zogen bislang die Fäden hinter den Kulissen und wollen das auch weiterhin tun. Durch die Entmachtung von Feldmarschall Tantawi, der als Vertreter des alten Regimes angesehen wird, gewinnt Mursi nun zwar kurzfristig die Oberhand, das Ringen um die Führung des Landes ist aber noch lange nicht entschieden. Es tobt nämlich nicht nur ein erbitterter Machtkampf zwischen den Muslimbrüdern und den Streitkräften, auch innerhalb des mächtigen Militärrats gibt es mehrere Strömungen. Doch erst die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, wer sich letztendlich durchsetzen kann.