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Planlos

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Vor geraumer Zeit beschäftigten wir uns an dieser Stelle mit der „Nordstad“, die seit vielen Jahren lediglich auf dem Papier oder in den Köpfen einiger Idealisten besteht.

Wir bemängelten die fehlende Bereitschaft der nationalen, jedoch auch der lokalen Politiker, in diesem Dossier endlich Nägel mit Köpfen zu machen.
In diesen Tagen hat sich erneut gezeigt, wie planlos hier vorgegangen wird. Nachdem sich in den 1980er-Jahren vehement für die Erhaltung, die Modernisierung und die Elektrifizierung der Eisenbahn-Nordstrecke eingesetzt wurde, gibt der zuständige Minister für nachhaltige Entwicklung und Infrastruktur, Claude Wiseler, den Lokalpolitikern nun das Zepter in die Hand, damit sie entscheiden sollen, was denn mit einem Teil der erwähnten Nordstrecke im Rahmen der „Nordstad“ geschehen soll. Landesplanung hin oder her!
Und es geschieht, was geschehen musste!
Die Gemeinden Ettelbrück und Erpeldingen entscheiden aufgrund einer von den „Nordstad“-Gemeinden in Auftrag gegebenen „Mobilitätsstudie“, die bei genauem Hinsehen diese Bezeichnung kaum verdient hat, dass man den öffentlichen Transport künftig lieber auf der Straße als auf der Schiene haben will.
Das verstehe nun, wer will. Die Verbindungsstraße Ettelbrück-Diekirch kollabiert bereits heute täglich wegen des hohen Verkehrsaufkommens, und wer glaubt, eine beidseitige Busspur entlang dieser Hauptachse würde alle Probleme lösen, der sollte dann auch bitte Erklärungen dazu abgeben, auf welchen Spuren diese Busse dann innerhalb der beiden Ortschaften Ettelbrück und Diekirch unterwegs sein würden.

Roger Infalt rinfalt@tageblatt.lu

Nachhaltige Transportpolitik?

Wer zudem annimmt, die Einwohner aus den Ortschaften oberhalb von Diekirch würden später mit ihrem Wagen nach Diekirch fahren, hier den Bus nehmen, um dann in Ettelbrück auf den Zug Richtung Arbeitsplatz Luxemburg umzusteigen, der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann. Diese Mitbürger werden mit Sicherheit Ettelbrück als Dauerparkplatz benutzen, und dann „bonjour les dégâts“.
Die Diekircher Mehrheit im Gemeinderat, die LSAP, hat sich bis dato immer für einen schienengebundenen öffentlichen Transport zwischen den beiden Ortschaften ausgesprochen, und einen dementsprechenden Vorschlag wird sie auch wohl in der heute anberaumten Gemeinderatssitzung einreichen. Diekirch, eine Stadt, in der heute weit mehr als 3.000 Schüler aus vielen Ecken der Region – und darüber hinaus – die einzelnen Lyzeen besuchen (und es soll ja noch ein weiteres Lyzeum hinzukommen), ersäuft bereits jetzt tagtäglich im dichten Verkehr. Hier ist man also keinesfalls gewillt, weiter auf den straßengebundenen öffentlichen Transport zurückzugreifen.
Die restlichen „Nordstad“-Gemeinden kommen ebenfalls nicht auf einen Nenner. In Colmar-Berg, um nur dieses Beispiel zu nennen, haben sich drei Ratsmitglieder für den Bus, drei für den Zug und eine Schöffin für die Bahn-Tram-Variante ausgesprochen. In Schieren steht die Entscheidung noch aus. Man braucht keine hellseherischen Fähigkeiten zu haben, um heute bereits sagen zu können, dass auch in Sachen öffentlicher Transport in der „Nordstad“ so schnell keine Einigung gefunden wird.
Das „Comité politique Nordstad“ hat allem Anschein nach seine Hausaufgaben nicht gemacht, und in den Kulissen dieses ganzen Durcheinanders reibt sich der zuständige CSV-Minister Claude Wiseler die Hände. Dass
er sich auf diese Weise seiner Verantwortung entzieht, ist nicht hinnehmbar.
Könnte man in einer Zeit des Strebens nach einer nachhaltigen Transportpolitik nicht mehr von einem Minister erwarten, der für den öffentlichen Transport und für die nachhaltige Entwicklung zuständig ist?