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Personenkult

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Nein, er hätte für das bunte Treiben wohl kaum Verständnis übrig. Genauso wenig wie er die Stadt, in der er geboren wurde, so richtig mochte. Vor genau 100 Jahren erschien die Kurzgeschichten-Sammlung „Dubliner“ von James Joyce (1882-1941).

Die irische Metropole feiert „ihren“ Dichter derzeit mit allen möglichen und unmöglichen Veranstaltungen, nicht nur im „James Joyce Center“ (siehe auch unseren Beitrag in der Tageblatt-Mittwochausgabe/25. Juli 2014 auf Seite 14).

Begonnen haben die Feierlichkeiten bereits vergangene Woche. Alljährlich, am 16. Juni, dem Tag, an dem sich die Geschichte rund um die Hauptfigur aus Joyces Meisterwerk „Ulysses“, Leopold Bloom, im Jahr 1904 abwickelt, wird der große Schriftsteller geehrt. Von einer ständig wachsenden Fangemeinschaft aus Dublinern, Iren und Touristen aus aller Welt. „Bloomsday“ wird dieser Tag genannt, an dem die Joyce-Freunde (von denen viele „Ulysses“ vermutlich nie gelesen haben) in Kleidung aus der Zeit um 1900 durch die Kneipenviertel ziehen, hier ein Pint und dort einen Whiskey zu sich nehmen. Und dabei mehr oder weniger qualifiziert über den Meister fachsimpeln. Längst ist die „Zeremonie“ zur Geschäftsmacherei geworden. Strohhüte mit dem Schriftzug „Bloomsday“ am Hutband, spezielle Joyce-Cocktails, Joyce-Menüs usw., usf. werden an jeder Ecke angeboten. Personenkult, den der Autor sicher nicht geschätzt hätte.