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«O.k., ich komme!»

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"Didier, du musst nach Berlin. Ich muss mit dir sprechen." Antwort: "Keine Zeit. Ich habe viel zu tun. Ich bin auch Präsident der Schweiz." Antwort: "O.k., ich komme!"

Dieser Dialog hat zwischen dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und dem Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter stattgefunden. Nach dem Telefonat sei Steinmeier innerhalb weniger Stunden in Bern angereist. Weshalb diese Anekdote relevant ist? Sie zeigt, dass internationale Beziehungen letztlich nicht nur auf der öffentlichen Bühne ausgetragen werden. Es sind die flexiblen, spontanen und oft von der breiten Masse nicht wahrgenommenen Treffen, bei denen sich Positives bewirken lässt.

Dhiraj Sabharwal dsabharwal@tageblatt.lu

Dies ist besonders mit Hinblick auf den Ukraine-Konflikt relevant. Nachdem die Weltpolitik vergangene Woche zwei Tage lang in Basel zu Gast war, um vor allem über diesen Konflikt zu diskutieren, zeigte sich auch dort, wie zentral direkte Gespräche sind. Bestes Beispiel: Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat an 20 bilateralen Treffen in Basel teilgenommen. Er habe beim Ministerrat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine Stunde im Plenarsaal und sieben bei direkten Einzelgesprächen verbracht. Was sich hier ebenfalls veranschaulichen lässt: Die OSZE ist neben der UNO das letzte internationale Gremium, in dem die Konfliktparteien der Ukraine-Krise noch miteinander – oder nebeneinander, je nach Sichtweise – diskutieren.

Nachdem die Schweiz den OSZE-Vorsitz dieses Jahr innehatte, wird Serbien 2015 übernehmen. Aufgrund heftiger Kritik an der Kandidatur Serbiens werden Schweizer Diplomaten den Serben 2015 zur Seite stehen und an wichtigen Dossiers weiterarbeiten. Bleibt die Frage, wie viel die OSZE unter dem Schweizer Vorsitz erreicht hat und was von dem serbischen zu erwarten ist. Dass 2014 ein Land, das weder EU- noch NATO-Mitglied ist, den OSZE-Vorsitz prägte, war ein glücklicher Zufall. Der Verdacht, eine der Konfliktparteien in der Ukraine-Krise zu bevorzugen, stand nie zur Debatte. Die Schweizer pflegen ihre Beziehungen zur EU. Stichwort: «Rosinenpickerei».

Aber auch zu Moskau. Bern hält seine Tore für russische, ja für Oligarchen aller Couleur offen. Die Eidgenossen haben alleine deshalb aus Eigeninteresse mit einer unvoreingenommenen Vermittlungsarbeit überzeugt und punktuelle Fortschritte im Ukraine-Konflikt erreicht. Ob Serbien trotz der komplexen Gemengelage ähnliche Fortschritte wie die Schweiz erzielen kann, bleibt abzuwarten. Dabei müsste Belgrad ähnlich wie die Schweiz für alle Beteiligten ein offenes Ohr haben. Während weite Teile der serbischen Bevölkerung Russland als befreundeten Staat wahrnehmen und die wirtschaftliche Kooperation zuletzt vertieft wurde, ist Belgrad gleichzeitig EU-Beitrittskandidat.

Die Probleme zeichnen sich aber bereits jetzt ab. Nach den EU-Sanktionen gegen Russland sind die serbischen Agrarexporte Richtung Moskau gestiegen. Ende November erinnerte EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn wiederum daran, dass Serbien als Beitrittskandidat rechtlich zu Sanktionen gegen Moskau verpflichtet sei. Rosige Aussichten für einen unabhängigen, serbischen OSZE-Vorsitz.