„Déi gréng“ z.B. meinen, da sie noch nie in der Regierung waren, wäre schon allein die Tatsache ihrer (eventuellen) Regierungsbeteiligung etwas Neues. Etwas Neues wäre es schon. Aber ob den Wählern am 20. Oktober diese Art von Neuem genügt, mag dahingestellt sein.
Claude Molinaro
cmolinaro@tageblatt.lu
Wenn die Sache mit dem politischen Neuanfang wirklich so gemeint ist, bleibt die Frage, warum die Regierung weiterarbeitet, als wäre nichts passiert. Wir erinnern uns, am 10. Juli dieses Jahres wurde ihr „de facto“ das Vertrauen entzogen. Die Tatsache, dass sie weitermacht wie bisher, wird allerdings nur von einer Minderheit kritisiert. Die Parteien, die einen neuen Stil fordern, stören sich nicht daran. Der Grund für die vorgezogenen Wahlen scheint niemanden mehr zu interessieren. Die Geheimdienst-Affäre soll den Wahlkampf nicht beeinflussen, man wolle sich auf Sachthemen konzentrieren, heißt es von verschiedenen Seiten. Ja, Sachthemen sind wichtig. Aber die offengelegten Missstände im Staatsapparat durch die SREL-Affäre sind auch ein Thema.
Schon verwunderlich, dass die beiden großen Oppositionsparteien im ersten Semester dieses Jahres alles daransetzten, die Regierung zu stürzen. Die CSV und Jean-Claude Juncker wurden als Ursache allen Übels im Staate Luxemburg hingestellt, dieselben Leute werden jedoch jetzt mit Samthandschuhen angefasst. Ein neuer Stil halt.
Die LSAP meinte ihrerseits sofort nach der ominösen Parlamentssitzung vom 10. Juli 2013, sie wolle einen Neuanfang. Bei den Sozialisten beschränkt sich dieser bis dato allerdings auf einen neuen Spitzenkandidaten. Etienne Schneider sieht sich selbstsicher als nächsten Premierminister. Warum auch nicht. Pessimisten sind auf dem Posten fehl am Platz. Falls man mit „neuer Politik“ aber lediglich eine neue Regierung meint, müssen sich die Sozialisten ins Zeug legen.
Der traditionelle Verbündete der Arbeiterpartei scheint ihr seine Unterstützung zu verweigern. In seinem Interview im Lëtzebuerger Land vom vorigen Freitag meint der Präsident des OGBL, Jean-Claude Reding, die LSAP und der OGBL hätten ein „Beziehungsproblem“. Aber das sei eher ein Problem der LSAP. Der OGBL wolle nicht die Positionen der Partei blind unterstützen. Alle Parteien hätten ein Problem mit gewerkschaftlichen Forderungen, nur „déi Lénk“ habe die des OGBL eins zu eins übernommen. Man darf gespannt sein, wie die LSAP auf diesen Neuanfang seitens der größten Gewerkschaft reagieren wird. Mit dem OGBL ist eine Wahl noch nicht gewonnen, ohne ihn wird es jedoch schwieriger.
Alles soll bleiben, wie es ist
Die CSV ihrerseits spricht nicht von einer neuen Politik oder einem Neuanfang: Ihr gefällt die alte Politik noch ganz gut. Über alle Selbstzweifel erhaben, meinte sie gestern, ihre Bilanz sei durchaus positiv.
Mit ihrer schon traditionellen Überheblichkeit schreibt sie sich Reformen auf die Fahne, an denen der kleine Koalitionspartner zumindest mitbeteiligt war, wie etwa die ADEM-Reform. „Wir wollen unsere Politik weiterführen. Sozial, gerecht, fair und wirtschaftsfördernd, das war und ist die Politik der CSV. Gestern, heute, morgen“, droht der CSV-Fraktionspräsident Gilles Roth im Vorwort des CSV-Wahlprogramms. Wir sind also vorgewarnt. Sozial und gerecht sind jedenfalls interessante Umschreibungen für Sozialabbau und Indexmodulation.
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