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Neue Wege

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Noch gibt es keinen Grund zur Panik, stutzig sollten einen die jüngsten Planspiele aus dem Hause Platini dann aber doch machen. Es geht um die Idee einer Nations League, die momentan beim Europäischen Fußballverband UEFA vorangetrieben wird.

Zu gewinnen soll es in der Nations League eine Teilnahme an der Europameisterschafts-Endrunde geben. In anderen Worten: Durch die neue Liga bekommen Nationalmannschaften, die in der regulären Qualifikationskampagne gescheitert sind, doch noch die Möglichkeit, an einer EM teilzunehmen. Die Nations League soll dabei die traditionellen Testspiele ersetzen.

Philip Michel pmichel@tageblatt.lu

Das klingt zunächst einmal nicht schlecht, denn durch den Einsatz von zusätzlichen Qualifikationsplätzen erhalten die früheren Test- bzw. Freundschaftsspiele einen höheren sportlichen Stellenwert. Kleinere Länder bekommen zudem eine zusätzliche Chance, sich für eine Europameisterschaft zu qualifizieren. Auf der anderen Seite geben eben diese Länder bzw. Verbände einen Teil ihrer Autonomie auf. Die Möglichkeiten, sich selbst Testspielgegner auszusuchen, werden geringer. Luxemburg trifft in diesem Jahr in Testspielen noch auf die WM-Teilnehmer Italien und Belgien. Das wird mit der Schaffung der Nations League wohl nicht mehr möglich sein.

Überhaupt riecht die neueste Idee der UEFA nach einer Trennung der Länder nach Leistungskriterien. Die großen Fußballnationen sollen unter sich bleiben, was die Verantwortlichen zum Beispiel in Deutschland seit Jahren fordern. Der Druck auf die UEFA in dieser Sache wird immer größer. Offen prangert zum Beispiel Bundestrainer Jogi Löw die in seinen Augen überflüssigen (Qualifikations-)Duelle seiner Elf gegen die sogenannten Fußball-Zwerge an. Da Deutschland in der nächsten Qualifikation ausgerechnet auf das jüngste Mitglied der UEFA-Familie, Gibraltar, trifft und dabei zweistellige Resultate zu erwarten sind, wird sich die Diskussion jenseits der Mosel um eine Vor-Qualifikation der kleinen Nationen wohl noch verschärfen. Die Schaffung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Nations League könnte also die Gemüter in den großen Fußballnationen etwas beruhigen.

Vorbild Champions League

Illusionen braucht man sich dennoch keine zu machen, denn über kurz oder lang sollten sich die Champions-League-Verhältnisse auch auf die Nationalmannschafts-Ebene ausweiten. Deren Einführung vor 22 Jahren war die Geburtsstunde des modernen Fußballs, wobei modern mit kommerziell gleichzusetzen ist. Perversionen wie Ablösesummen von 100 Millionen oder Wochengehälter von 100.000 Euro sind dadurch erst möglich geworden.

Wichtigstes Element bei der Gründung war die Zentralvermarktung, die es der UEFA heute ermöglicht, mit der Champions League pro Saison weit mehr als eine Milliarde Euro umzusetzen. Die Einnahmen werden größtenteils an die teilnehmenden Vereine ausgeschüttet, so dass aus der Champions League der beherrschende Machtfaktor im europäischen Fußball wurde. Mit zum Teil verheerenden Folgen für die nationalen Meisterschaften, wo die Kluft zwischen Reich und Arm immer größer wird. Ganz nach dem Motto: Wer national Spitze sein will, der braucht dazu das Geld aus den internationalen Fleischtöpfen. Was auch für Luxemburg gilt. Dass durch den Qualifikationsmodus für die Zuschauer attraktive Duelle gegen große Vereinsmannschaften von vornherein ausgeschlossen sind, wird durch das stattliche Antrittsgeld der UEFA „kompensiert“.

Und dass durch die Aufblähung des Teilnehmerfelds mit bis zu vier Mannschaften aus ein und demselben Land der Wettbewerb nichts mehr mit dem früheren Europapokal der Landesmeister gemein hat, ist in den Augen der UEFA ebenso nur ein Kollateralschaden wie die zur Bedeutungslosigkeit verkommene Europa League. Nur noch die wenigsten Fußballfans interessieren sich nach dem Champions-League-Overkill dienstags und mittwochs für den tags drauf programmierten Nachfolgewettbewerb des einst bedeutenden UEFA-Pokals.

Die Zentralvermarktung dürfte auch das Hauptelement in den Diskussionen um die Nations League sein. Nach der Aufblähung der Europameisterschafts-Endrunde auf 24 Länder (was nichts anderes bedeutet, als dass fast die Hälfte aller der UEFA angeschlossenen Länder an der EM teilnehmen) scheint die UEFA nun eine weitere Möglichkeit gefunden zu haben, ihre Einnahmen weiter zu steigern. Die Mitgliederverbände würden finanziell davon profitieren, weshalb mit recht wenig Widerstand zu rechnen sein dürfte.

In welche Richtung sich auch immer das Dossier Nations League entwickeln mag, die Frage nach dem Stellenwert von Spielen der Luxemburger Nationalmannschaft in der Zukunft scheint aktueller denn je zuvor.