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Nebelkerzen

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„Geld macht nicht glücklich, aber es hilft ungemein.“ Diese Devise ist, wenn man Wissenschaftlern, die sich der Erforschung des Glücks bzw. des Wohlbefindens verschrieben haben, Glauben schenkt, nicht falsch. Aber nur bedingt.

Denn Geld spielt auf dem Weg zum persönlichen Wohlbefinden nur eine Rolle im Rahmen der Befriedigung der Grundbedürfnisse. Jemand, der jeden Tag auf ein Neues gegen den drohenden Hungertod ankämpfen muss oder sich nicht eine minimale Gesundheitsversorgung leisten kann, der wird kaum glücklich werden. Ein gewisses finanzielles Potenzial ist also eine Grundvoraussetzung für das Glücklichsein.

Tom Wenandy twenandy@tageblatt.lu

Allerdings, so sagen Experten, ist die Untergrenze der notwendigen zur Verfügung stehenden Mittel sehr schnell erreicht.

Geld ist also nicht alles. Diese einerseits für einige sehr simple und einleuchtende, für andere auch hierzulande wohl sehr befremdlich wirkende Feststellung scheint zusehends an Raum zu gewinnen. Hiervon zeugt, dass am Montag vergangener Woche in New York bei den Vereinten Nationen mehr als 600 Vertreter aus allen Teilen der Welt über neue Modelle zur Erfassung des Wohlstands diskutierten. Die Initiative zu diesem Treffen ging vom Königreich Bhutan aus. Der Himalaya-Staat ist zwar nicht sonderlich groß und verhältnismäßig arm, er hat den meisten Ländern aber etwas voraus. Oberstes Ziel der dortigen Regierung ist es nämlich, die Bürger nicht reich, sondern glücklich zu machen. In regelmäßigen Abständen wird von einer eigens zu diesem Zweck geschaffenen Behörde nicht das Bruttosozialprodukt, sondern das Bruttosozialglück ermittelt. Um dieses möglichst hoch zu halten, setzt die Politik Bhutans auf den Erhalt der Kultur, der Natur und auf im Sinne der Bürger möglichst gute Staatsführung.

Weg vom Wachstumsdogma

Sicherlich ist die Konsequenz der Vorgehensweise weltweit einzigartig, in zahlreichen, vor allem auch westlichen Ländern stellt man sich mittlerweile aber auch die Frage, ob das Bruttoinlandsprodukt als Gradmesser des Wohlstands einer Gesellschaft noch ausreicht.

In diesem Sinne hat in Luxemburg die aktuelle Regierung in ihrem Programm die Ausarbeitung eines sogenannten Wohlstands-Index festgehalten. Mit diesem neuartigen Messinstrument soll, wie es offiziell heißt, der Fortschritt der Gesellschaft und des Wohlbefindens langfristig ermittelt werden.

Nun kann man aber daran zweifeln, dass es der Regierung wirklich ernst mit dieser Initiative gemeint ist.

Schaut man sich nämlich die aktuelle bzw. die Politik der vergangenen Jahre an, kommt man nicht an der Schlussfolgerung vorbei, dass die Regierung mit dieser Initiative lediglich einige Nebelkerzen zündet. Sie ist nämlich immer nur auf Wachstum, nahezu ausschließlich – und genau hier liegt das Problem – auf quantitatives Wachstum ausgerichtet.

Mit den bekannten Folgen: Die Wirtschaft wächst – mal mehr mal weniger –, der Wohlstand der Gesellschaft aber nicht. Die sozialen Probleme, ob man es wahrhaben will oder nicht, werden größer, die Spannungen wachsen. Die Regierung aber hält an ihrer Wachstumsidee und den damit verbundenen (menschlichen) Kollateralschäden fest.

Wenn der Wohlstand der Bevölkerung ihr wirklich am Herzen liegen würde, müsste sie nicht unbedingt auf einen theoretischen Index warten, um eine entsprechende Politik, die verstärkt soziale und ökologische Belange berücksichtigt, zu verfolgen.

Dies würde aber voraussetzen, dass sie bereit wäre, einzugestehen, dass das derzeitige Modell als Zukunftsmodell nicht länger taugt.

Und wenn man das bestehende System in Frage stellt, heißt das auch, dass man auch die derzeitigen politischen Akteure selbst in Frage stellen muss. Mit der unausweichlichen Konsequenz, dass die rückwärts gewandten Politiker an der Macht neuen, fortschrittlichen Kräften Platz machen müssen. Für karriereversessene, von ihrer eigenen Meinung besessene und/oder von der Wirtschaft abhängige und vom Wachstumsdogma gelähmte Politiker ist dann kein Platz mehr. Oder, um es mit Albert Einstein zu sagen: Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.