Großbritannien ist auf dem guten Weg. Leider heißt dieser nicht Wirtschaftswachstum, sondern Beibehaltung der Austeritätspolitik. Krampfhaft klammert sich die Tory-Regierung an diese Politik, um ja nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, man hätte sich wirtschaftlich verfahren.
Deshalb machen Premier David Cameron und Co. gute Miene zum bösen Spiel. Trotz einer Rezession, die nicht aufhören will. Trotz des möglichen Verlustes des Triple-A-Status. Und weil die Industrieproduktion so niedrig wie seit zwanzig Jahren nicht mehr ist, verfallen die Torys in eine „Jetzt erst recht“-Mentalität. Die seit Jahren so „erfolgreiche“ Austeritätspolitik darf angesichts der „Erfolge“ weitergeführt werden. Glücklicherweise geht es den britischen Banken … Nein, leider auch Fehlanzeige.
Aber die Konservativen haben trotz Übermutter Maggie Thatcher ein Herz für die Zukurzgekommenen. Großzügig, wie sie sind, werden die seit Amtsantritt zusammengekürzten Sozialleistungen nächstes Jahr um satte 1 (ein) Prozent angehoben. Da dies unter der Inflation liegt, kommt dies einer weiteren Kürzung gleich – aber wer will schon mit den Torys über Zahlen reden?
Dass das Mutterland des Neo-Liberalismus abgebrannt ist, scheinen die Torys angesichts all dieser „guten“ Nachrichten nur teils wahrhaben zu wollen. Das sieht man am einstigen Privatisierungs-Prestigeprojekt Eisenbahn.
Ideologisch sind stets die anderen
Seit langem weiß man um den schlechten Zustand der britischen Bahn. Überteuert, schlechte Netze, keine modernen Züge. Die Eisenbahn in Großbritannien stellt nicht erst seit gestern ein gewaltiges infrastrukturelles Problem für die Inselbewohner dar. Klar, wenn man allein auf die City als Wirtschaftssektor setzt, braucht man den Rest der Insel nicht anständig anzubinden. Dann genügen einige Züge in die Vororte oder nach Brighton, um die heranzukarren, die sich eh keine Wohnung im Stadtteil Kensington leisten können. Gute Verbindungen gibt es nur auf einigen wenigen lukrativen Strecken.
Vor kurzem brach dann das Chaos auf dem historischen Streckenabschnitt London-Glasgow (West Coast Mainline) aus – einem der ersten, die privatisiert wurden, weil sie so rentabel waren und deshalb von vielen Betreibern aufs Heftigste umgarnt wurden.
Da man ja keine nationale Bahn mehr betreibt, hat man auf der Insel auch die Eisenbahn-Verwaltung eingespart. Was bleibt, ist eine geschrumpfte Behörde, welche die Ausschreibungen verwaltet. Nur tut sie dies eher schlecht als recht – z.B. als sie im Namen der Neuausrichtung entschied, den bisherigen Betreiber Virgin gegen einen anderen Anbieter auszutauschen. Problem: Man hielt sich nicht an die gesetzliche Vorgehensweise. Virgin klagte und bekam recht. Für den Schaden darf jetzt der Steuerzahler aufkommen.
Mittlerweile denkt man sogar bei den Torys ganz pragmatisch hinter vorgehaltener Hand wieder über Nationalisierungen nach. Auch wenn es nur um einzelne, schwer vermittelbare Strecken geht. Auch wenn kein Geld in der Kasse ist. Das Franchise-System trägt sich eben nur auf lukrativen Strecken und da auch nur in wirtschaftlich guten Zeiten. Das Ganze ist natürlich frei von ideologischen Überlegungen und deshalb legitim, denn nationalisieren dürfen nicht die „sans-culottes“ aus Frankreich (wie vor kurzem Londons Tory-Bürgermeister Johnson bemerkte). Das darf einzig, allein und ausschließlich nur die Rechte. Was zu beweisen war.
P.S.: Übrigens, Privatisierung ist auch eine Enteignung – wie gesehen am Beispiel der britischen Bahn –, nämlich die des Volkes.
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