Das zu analysieren, die vielen Gründe dafür aufzuzählen, soll an dieser Stelle nicht einmal ansatzweise versucht werden. Halten wir für die weiteren Überlegungen hier und jetzt mal ganz einfach fest, dass mehr und mehr Wahlbürger nicht mit den Entscheidungen des Parlaments und der Regierung einverstanden sind. Es wächst der Frust, es gedeiht der Nährboden für populistische und rechtsradikale Strömungen. Das ist kein typisch luxemburgisches Phänomen, sondern ein „westliches“.
Eines der wenigen probaten Mittel, um die Demokratie zu beleben, ist eine mutige Mischung zwischen der repräsentativen und der direkten Form, so wie sie in der Schweiz mit Erfolg praktiziert wird.
Wir wählen unsere Abgeordneten jeweils für fünf Jahre, nach einem von den Parteien geführten Wahlkampf, bei dem die programmatischen Inhalte weniger in die Waagschale fallen als Ruf, Auftreten, Look und Redegewandtheit der Kandidaten. Im Nachhinein, wenn das Programmatische zur Anwendung kommt, fühlt man sich überrascht, hintergangen, betrogen.
Darum kann es der kriselnden Demokratie, die nach wie vor das am wenigsten schlechte der politischen Systeme ist (frei nach Churchill), nur guttun, wenn erfolgreiche Petitionen in der Kammer debattiert werden müssen und wenn interessante Fragen per Volksabstimmung zu beantworten sind.
In Luxemburg hat der Lernprozess unter der neuen Regierung begonnen. Es wird eifrig Sukkurs für politische Petitionen gesammelt und am 7. Juni stehen beim ersten Referendum der neuen
Art drei hochinteressante Themen zur Diskussion.
Natürlich hat das Ergebnis der Volksbefragung für den Auftraggeber, das Parlament, verbindlich zu sein!
Ein flottes politisches Lehrstück kann die Frage zur längsten ununterbrochenen Mandatszeit für Regierungsmitglieder werden, die zehn Jahre wäre. Wohlverstanden: zehn Jahre in Folge. Wer dann Abgeordneter oder Staatsrat ist oder in den öffentlichen Dienst zurückkehrt bzw. in die Privatwirtschaft wechselt, darf später wieder in die Regierung. Nach ein paar Monaten oder erst nach einer Mandatsperiode, das ist nicht klar.
Luxemburg hatte viele Langzeitminister, solche, die ihre Partei in einer Art und Weise dominierten, dass sie unersetzlich schienen.
Die CSV stellt den Ersten in dieser Hitparade mit Joseph Bech, der das Außenministerium von 1926 bis 1959 besetzte und nebenbei Staatsminister und/oder Armeeminister, Innenminister, Landwirtschafts- und Weinbauminister war und danach noch fünf Jahre Kammerpräsident. Jean-Claude Juncker und Pierre Werner stehen ihm kaum nach. Auch Gaston Thorn, Jacques Santer, Fernand (Pit) Boden, Jacques Poos, Jean Asselborn, Jean Spautz, Luc Frieden, um nur die zu nennen, waren länger als zehn Jahre dran, und einige feierten ihr Comeback ein paar Jahre später.
Finden wir das, aus heutiger Sicht, die beste Lösung für unsere Zukunft? Oder wollen wir die personelle Erneuerung der Regierung forcieren?
Dazu werde ich streitbare Beiträge liefern.
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