Die in Europa regierenden Damen und Herren Politiker machten es möglich: Einige, weil sie dazu stehen, die meisten als ahnungslose Mitläufer.
Alvin Sold asold@tageblatt.lu
In Luxemburg spielt die CSV-LSAP-Koalition die ihr zugedachte Nebenrolle im Krieg gegen den Sozialstaat recht gerne. Dazu bedient sie sich des Budgets, mit dem sie die generelle Krisenstimmung gezielt anheizt, um ihr Abbausoll zu erfüllen.
Zum besseren Verständnis der Vorgänge, die leider von der sozialistischen Partei mitgetragen werden (ist Dabeisein alles?), folgende Leitsätze:
1. Alle, ausnahmslos alle Luxemburger Haushaltspläne erwiesen sich im Nachhinein um Hunderte von Millionen als falsch, weil sich die Einnahmenseite wegen der Steuerdeals mit einzelnen global agierenden Firmen nicht im Voraus berechnen lässt. Der gegenwärtige Streit ist eine politische Inszenierung um und über sowieso irrige Zahlen.
2. Bis vor einigen Jahren wurde der Investitionsetat gesondert abgerechnet, via budget extraordinaire. Aus dem ordinaire, der nur die laufenden Kosten abzudecken hatte, nahm man den Überschuss, um die beschlossenen Projekte zu finanzieren. Und wenn der Überschuss nicht reichte, wurde eine Schuld aufgenommen.
In der neuen Darstellung ist diese Trennung ordinaire-extraordinaire aufgehoben. So kann, bei flüchtiger Betrachtung, der Eindruck entstehen, der Staat gebe für sein Tagesgeschäft mehr Geld aus, als er einnehme. Mit diesem Eindruck können schäbige Gestalten ihr politisches Unwesen treiben.
3. Genau das geschieht derzeit. Würde der Haushalt 2013 des sogenannten Zentralstaats (unter diesen Begriff fallen die Etats der Sozialversicherungen und der Gemeinden nicht) in ordinaire und extraordinaire aufgeteilt, erkennten die Luxemburger staunend, dass sich aus dem ordinaire ein dicker Bonus ergibt, der integral in die Reserven überführt werden könnte, verzichtete man für das betreffende Jahr auf Investitionen.
4. Darf man sich für Investitionen, die auch den heranwachsenden Generationen dienen, verschulden? Dürfen Eltern, die ihren Kindern ein Haus hinterlassen möchten, eine Schuld aufnehmen? Natürlich, wenn diese Schuld in einem korrekten Verhältnis zu den Einkommen bleibt.
5. Luxemburg ist aus EU-Sicht wenig verschuldet, und die Regierung versäumt es wissentlich, der Schuld, dem Passiv, das Aktiv, den Wert, gegenüberzustellen. Wie viel Immobilienbesitz, welche Infrastrukturen, wie viel Einlagen in Unternehmen (zuletzt Banken) wurden über den Schuldenweg finanziert? Stünde die Adolphe-Brücke, wenn die damaligen Minister nicht ein ganzes Jahresstaatsbudget dafür eingesetzt hätten
Um wie viele Prozent fiele die Staatsschuld, wenn die Beteiligung an BGL BNP Paribas veräußert würde? Was kassiert der Staat im Jahr dank dieser Schuld? Warum wird all das nicht positiv dargestellt? Weil das Angstmachen mit der Schuld ein Mittel zum Zweck der Austeritätspolitik ist?
6. Betriebskosten gehören immer wieder in Frage gestellt. Was gebraucht wird, soll man sich leisten. Mehr nicht.
Aber unbedachtes „Sparen“ ist kontraproduktiv. Wenn der Staat seine laufenden Ausgaben brutal zurückfährt, kann er u.a. kleine Handels- und Handwerksbetriebe, die ihn beliefern, in Gefahr bringen. Weniger Arbeit = mehr Arbeitslose; weniger Umsatz = weniger Mehrwertsteuer: Wie sieht denn am Ende die volkswirtschaftliche Rechnung aus?
7. Frieden ist von seinem Wesen her ein Austeritätspolitiker. Bei Juncker hat er das geschickte Taktieren gelernt: Ich lege einen aus meiner Sicht soften Budgetentwurf vor, gegen den ich meinen harten CSV-Kumpanen Wolter ins Feld schicke, damit er im Namen der Partei Strengeres fordere. Mein CSV-Wolter poltert, mein CSV-Spautz tritt energischst auf die Bühne, und der Statist LSAP-Lux tut am Ende so, als wäre er mit allem einverstanden.
Vielleicht ist er es. Dann stellte sich allerdings, frei nach Dan Kersch, die Identitätsfrage für die LSAP.
Das war einmal
Der LSAP-Minister Schmit mahnt jetzt eine gezielte Investitions- und Sparpolitik an. Es gibt demnach keine von beiden!
Die LSAP-Abgeordnete Vera Spautz tritt zurück: Sie ertrug das Andienen bei der Marktherrschaft und das gesellschaftspolitische Zaudern nicht mehr. Sie wollte Politik machen für alle, die einen starken Sozialstaat brauchen, und erfuhr:
Das war einmal.
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