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Macht korrumpiert

Macht korrumpiert

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Zurzeit erleben wir in Luxemburg, wie der bekannte Satz „Macht korrumpiert“ sich einmal mehr bestätigt.

Die Macht, die der CSV von den Luxemburger Wählern zugebilligt wurde, hat diese Partei im Laufe der Jahrzehnte derart selbstherrlich gemacht, dass ihre prominenten Vertreter an den sichtbaren Fehlleistungen und Verfehlungen jede Mitschuld ablehnen. Bestenfalls übernehmen sie gönnerhaft eine folgenlose politische Verantwortung und fixieren dann die neue Tagesordnung. Wie jetzt, in der vernetzten Bommeleeër-SREL-Affäre, über die man sich im Land aufregt wie selten zuvor.
Wir möchten am Vorabend des Nationalfeiertags ein paar politische Gedanken zur Macht-Frage anbieten.
Zuvorderst diesen: Die Übermacht der CSV ergibt sich nicht aus der Demokratie selbst, sondern aus den Spielregeln, die in Luxemburg immer noch gelten, weil sie nach ihrer Einführung nicht mehr gegen den Willen der genannten Partei zur Debatte gestellt werden konnten.
Die vier Wahlbezirke entsenden ihre Abgeordneten nach verschiedenen Kriterien in das Parlament (die Sitzzahl ist nicht aufgrund der Wählerzahl genormt); es besteht die Wahlpflicht (gut für die Schwarzen: deren Klientel stimmt im Zweifelsfall immer noch schwarz, während die Roten voller Wut mit dem weißen Zettel protestieren); die sozusagen automatisch aus dem System resultierende Austauschbarkeit der kleinen Partner erhebt den CSV-Staatsminister in die Rolle des De-facto-Staatschefs – dem verfassungsmäßigen Monarchen überlässt er gerne den zeremoniellen Vollzug wie morgen bei der Parade.
Dieses alte, unzeitgemäße, unter dem Impuls der konservativen und der klerikalen Kräfte entstandene Regelwerk hat sein Hauptziel erreicht: In Luxemburg wird der wahre politische Wechsel, wie etwa 1974 bis 1979, als es eine LSAP-DP-Regierung gab, eine höchst unwahrscheinliche Ausnahme bleiben.
Aus dieser Einsicht ergibt sich für viele Luxemburger Wähler eine logische Folge: Wenn diese Partei mit all ihren Vernetzungen über Vor- und Nachteile, bis in mein und meiner Familie Leben hinein, entscheiden kann, stehe ich zu ihr: Was hätte ich denn von den andern? – So schließt sich der Machtkreislauf!
Der im 19. Jahrhundert entworfene und konsequent vom rechten politischen Lager dominierte Staat Luxemburg kann deshalb als ein CSV-Staat bezeichnet werden, weil die CSV, als politische Speerspitze einer breit gefächerten Bewegung, inzwischen wichtigste Posten mit ihren Leuten und ihren Alliierten besetzen konnte.
Man trifft immer und überall auf CSV-Getreue, und immer und überall haben sie mit ihren Querverbindungen (Kirche, LCGB, Privatschulen, Kliniken und Heimen, Medien usw., usf.) den berühmt-berüchtigten langen Arm.

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Man mag Luxemburg nicht mehr

Für Luxemburg wird die lähmende, einer Beschlagnahmung gleichkommende Vorherrschaft der CSV zu einem Hindernis auf dem ohnehin schwierigen Weg in die Zukunft. Der rapide Einfluss-Verfall des Luxemburgers Juncker in Europa, wo er als unser Vorzeigepolitiker gilt, sollte mit einiger Betroffenheit vermerkt werden: Draußen mag man Luxemburg nicht mehr.
Hier, in Luxemburg, wäre es gut, wenn man die krass überbewertete CSV weniger mochte, bei den nächsten Wahlen. – Ja, aber: Wo bleibt die glaubwürdige Alternative?, fragt der Leser dieser Zeilen.
Warum, fragen wir zurück, hätten andere Parteien im Voraus, auf Vorschuss, glaubwürdiger zu sein als die Herren des nachweislich verlogenen, korrumpierten CSV-Staates? Verdienen sie, die andern, nicht eine Chance, einen Vertrauensvorschuss.
Schéinen 23. Juni alleguerten!