Es geht schon wieder los, warum hast du nicht Nein gesagt (Roland Kaiser) bei der Offensive des Privatkapitals im luxemburgischen Gesundheitswesen?
In einem programmatischen Forum-Artikel im Tageblatt haben die Kameraden Nora Back, Carlos Pereira und André Roeltgen, Spitzenfunktionäre des OGBL und Kenner der Materie, uns alle im linken Politikspektrum zu einem Stopp der Privatisierungswelle im Gesundheitswesen aufgerufen!
Es kann doch nicht wahr sein, dass unsere Regierung, in der die LSAP maßgeblich mitwirkt, „sogenannte Minikliniken vom Radiologiezentrum inklusive IRM und Scanner bis hin zur Poliklinik privat kapitalisiert und profitorientiert“ zugelassen hat und in Kauf nimmt, dass „die Profite dieser Privatkliniken über die Tarife unserer Sozialen Sicherheit und über die Eigenbeiträge der Patienten eingefahren werden“.
Die Gefahr ist doch offensichtlich, dass das unsrige „öffentliche“ Gesundheitswesen, an dem alle in Luxemburg lebenden und arbeitenden Bürgerinnen und Bürger gleichwertig teilnehmen können, demontiert wird. Mit der Zeit werden alle konventionierten medizinischen und pflegerischen Leistungen, die mittels einer auf Solidarität aufgebauten und paritätisch verwalteten Krankenversicherung – unserer „Caisse nationale de santé“ (CNS) – für jeden erschwinglich sind, Schritt für Schritt abgestellt.
Massive Verteuerung
Die schleichende Liberalisierung der Tarife der Ärzte und anderer Leistungsträger wird unsere Gesundheitsversorgung massiv verteuern. Nach und nach wird unsere historisch gewachsene einmalige Soziale Sicherheit („Sécurité sociale“) auf dem Markt der Gewinnoptimierung geopfert.
Dass dann die große Mehrheit unserer Abgeordneten sich in einer Aktualitätsdebatte Ende April betroffen über diesen Tatbestand zeigte, ist doch verwunderlich, wissend, dass die Luxemburger Krankenhäuser, auch die der katholischen Kongregationen, fast vollständig aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden und werden, sei es aus der Staatskasse direkt oder durch die CNS. Letztere wiederum wird aus den Beiträgen der Versicherten, der Unternehmen und des Staates gespeist. Jährlich fließen über 1 Milliarde Euro öffentliche Gelder in die Krankenhäuser. Der Staat übernimmt quasi sämtliche Ausgaben bei Neu-, Ausbau- und Umbaubauten.
Doch wie diese Milliardenbeiträge aus öffentlicher Hand konkret verwendet wurden/werden, wird nach Erkenntnis der Abgeordnetenkammer quasi nicht kontrolliert. Auch der Mehrwert, der allmählich daraus resultiert, verbleibt im alleinigen Besitz des Eigners, die da sind:
1) das CHL in Luxemburg/Strassen, eine öffentlich-rechtliche Einrichtung der Stadt Luxemburg;
2) das CHEM in Esch/Alzette, eine Stiftung (?);
3) die HRS (Robert-Schuman-Kliniken) auf Kirchberg, eine AG (Anonyme Aktiengesellschaft). Hierbei ist anzumerken, dass eine Aktiengesellschaft gemäß dem Handelsgesetz von 1915 zum Ziel hat, Gewinn zu erwirtschaften, Reserven anzulegen und die Einlagen der Aktionäre zu bedienen.
Oberster Grundsatz im Gesundheitswesen war und muss auch in Zukunft sein:
1) Die öffentliche Gesundheit darf nie den Privatinteressen dienen;
2) Der öffentliche Auftrag an die Spitäler muss lauten, prioritär im Interesse des Patienten zu funktionieren, um ihm allzeit die bestmögliche medizinische Versorgung zukommen zu lassen;
3) Der Staat muss allzeit das Recht haben, zu kontrollieren, ob die öffentlichen Gelder dort ankommen, wozu sie bereitgestellt wurden. Es muss unterbunden werden, dass diese eventuell in Eigenfonds, gesonderte Immobilien und Strukturen der oben genannten Einrichtungen abgezweigt werden;
4) Einer Zweiklassenmedizin muss mit allen Mitteln entgegengewirkt werden.
Wenn jetzt in der Ärzteschaft, den Ministerien, den politischen Parteien von fortschrittlichen Visionen für die Zukunft unseres Gesundheitswesens gefachsimpelt wird, darf keiner uns glauben tun, dass das Gesundheitswesen in öffentlicher Hand nicht in Gefahr gerät. Der liberale Ansatz, dass nur Privatkapital fruchtbar eingesetzt werden kann, während die öffentliche Hand zur Verschwendung neigt, hat schon mehr als einmal Schiffbruch erlitten.
Privatisierungswut
In meiner gewerkschaftlichen Laufbahn habe ich die Pleiten und die Nachteile für die Bevölkerung beobachten können, die die Privatisierungswut der Europäischen Kommission und der Wirtschaftslobby in verschiedenen Ländern angerichtet hat. Als Musterbeispiel zitiere ich Großbritannien, wo:
1) die Wasserversorgung katastrophal, nicht durchgängig, von schlechter Qualität und teuer ist;
2) das Stromnetz wegen mangelnder Investitionen sehr anfällig ist;
3) das Eisenbahnnetz (früher BR) zerstückelt wurde und keine durchgehende Verbindungen mehr erlaubt. Viel öffentliches Vermögen floss in private Taschen und die Notar- und Anwaltstuben verdienten richtig Geld (englische Pfunde). Im Nachhinein musste die Infrastruktur mitsamt den Sicherheitsanlagen der verschiedenen Privatgesellschaften in und um die Hauptstadt London (nach mehreren Zugunglücken infolge fehlender Investitionen in die Sicherheit) wieder von der öffentlichen Hand übernommen werden. Eine gemeinschaftliche und soziale Tarifeinheit gibt es nicht mehr;
4) bei der Post kenne ich die Auswirkungen nicht wirklich, aber im Spitalwesen haben wir in der Corona-Pandemie zur Genüge negative Eindrücke bekommen. Katastrophaler ging’s nicht mehr!
Wenn ich jetzt als Altsozialist in meiner Partei, der LSAP, einigen Sozialdemokraten auf den Schlips getreten bin, muss ich diese darauf hinweisen, dass die Sozialdemokratie nie die Triebfeder des Kapitalismus und dessen Wirtschaftsmodells „pensée unique“ war. Da diese neoliberale Wirtschaftslehre exklusiv auf der Ausbeutung des schaffenden Menschen und auf der Maximierung der Profite zugunsten einer kleinen Anzahl von Kapitaleigner fußt, müssten alle Sozialisten, Sozialdemokraten, Linke und Gewerkschaften in einer gemeinsamen Front die großen Kapitaleigner und ihre Vasallen in ihre Schranken zurückweisen.
Wir dürften nicht zulassen, dass mittels Konzentration des Kapitals diese wenigen Reichen (Kapitaleigner) die ihnen lästige Konkurrenz, insbesondere im öffentlichen Bereich, aushebeln mit dem Ziel, in vielen Ländern eine Vormachtstellung zu erreichen, um final mithilfe des Militärs und der Ordnungskräfte die politische Macht an sich zu reißen.
Die politische Macht gehört einzig und allein dem Volk, dem auch die gemeinnützigen Unternehmungen gehören müssen, die zur Daseinsvorsorge der Bevölkerung geschaffen wurden. Es lohnt sich, prioritär in die öffentlichen Dienstleistungen und Einrichtungen zu investieren, um deren Leistungsfähigkeit zu verbessern, wobei unsere Nationale Eisenbahngesellschaft als Musterbeispiel dienen könnte.
Das Allgemeinwohl muss immer über den Ansprüchen eines Einzelnen stehen!
* Der Autor ist Ehrenbürgermeister der Gemeinde Mamer und Ehrenpräsident des FNCTTFEL-Landesverbandes
Josy Konz, noch einer von der alten Garde, trifft den Nagel auf den Kopf. So ist es und daran wird sich auch kaum etwas ändern. Arroganz, Standesdünkel und Egoismus einer wohlhabenden Gesellschaft die keine Notiz von den Bedürftigen nimmt, deren Zahl leider nicht kleiner wird. Nur man nimmt sie nicht zur Kenntnis. Die Gewerkschaften spielen in dieser materialisch-imperialistisch geprägten Welt leider nur noch eine untergeordnete Rolle.
Mit einer DP ist man das Zweiklassengesellschaftssystem gewöhnt. Die DP diktiert und die LSAP schweigt.
"Eigenbeiträge der Patienten eingefahren werden“. Warum muss ein Patient der wegen seiner Erkrankung auf ein Einzelzimmer angewiesen ist 90 € pro Tag beisteuern?
Und noch einmal . Privatisierung für Schule,Sicherheit und Gesundheit darf es nicht geben. Wir brüllen " Zweiklassengesellschaft" wenn ein Corona-Geimpfter mehr Freiheiten hat als ein Leugner bekommen soll,aber wenn Schulen und Kliniken privatisiert werden schauen wir locker zu.Gemeint sind hier natürlich unsere Volksvertreter die kopfnickend solche Schweinereien zulassen.Spätestens die Pandemie hätte uns doch die Augen öffnen müssen.Von daher-Bravo Josy.