Headlines

Kulturelle Hegemonie

Kulturelle Hegemonie
(dpa)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am Mittwoch wird Margaret Thatcher begraben. Friede ihrer Asche. Was an diesem Tage leider nicht begraben werden wird, ist die von ihr gepredigte menschenfeindliche Ideologie.

Und diese lässt sich wohl in einem Satz zusammenfassen: Erst der Profit, dann die Zivilisation.
Thatcher ist einer der am Ende doch extrem seltenen Politiker, die tatsächlich Geschichte geschrieben haben. Sie hat, im Verein mit US-Präsident Ronald Reagan, die Grundlagen dafür gelegt, dass 1989 beim Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks das Ende der „Trente Glorieuses“ – konkret die Rückgängigmachung eines großen Teils der in diesen drei Dekaden erkämpften sozialen Fortschritte – rasch und effizient umgesetzt werden konnte. Sicher, sie ist nicht an allem schuld: Die desaströse Privatisierung der britischen Eisenbahnen wurde z.B. erst von ihrem Nachfolger John Major verübt. Doch sie hat ausschlaggebend am ideologischen Fundament dieses ganzen Privatisierungswahns mitbetoniert.

fwagner@tageblatt.lu

Es gäbe durchaus eine Alternative

Thatcher hat in der Tat entscheidend dazu beigetragen, dass die Neoliberalen die kulturelle Hegemonie im Sinne Antonio Gramscis erringen konnten. Am besten brachte sie dies in ihrem Mantra „There Is No Alternative“, das ihr aufgrund des entsprechenden Akronyms sogar den Spitznamen „Tina“ einbrachte, zum Ausdruck. „Es gibt keine Alternative“. Keine Alternative zur ungezügelten Macht der freien Märkte.

Was konkret heißen soll, dass es ähnlich töricht wäre, sich – etwa durch gewerkschaftliche Aktionen – den Kräften der „Märkte“ (denen in der neoliberalen Ideologie eine gottähnliche Funktion zukommt) entgegenstellen zu wollen, wie es dies wäre, sich mit Streiks und Demonstrationen dem Phänomen der Gezeiten verweigern zu wollen. Dies ist natürlich reiner Bullshit: Eine Gesellschaft von Menschen wird von einer mehr oder weniger großen Zahl der sie konstituierenden Individuen aufgebaut, „gelebt“ und eben auch regiert.

Die Grundregeln unseres Zusammenlebens – und zuvörderst jene, welche die soziale Gerechtigkeit bestimmen – sind Menschenwerk und nicht die unentrinnbare Konsequenz irgendwelcher obskuren Naturgesetze oder des allmächtigen Willens einer unerbittlichen Gottheit namens „Die Märkte“.

Es gibt mithin durchaus eine Alternative: Aber sie kann nur funktionieren, wenn Arbeiter und Angestellte sich gemeinsam wehren gegen den Abbau ihrer Rechte und ihres Lebensstandards, so wie ihn Thatcher und ihre plutokratischen Gönner ab 1979 mit beeindruckendem Erfolg in Szene gesetzt haben. Die Einsicht ist so alt wie die organisierte Arbeiterschaft: „L’union fait la force“.

Leider sind sich offenbar immer weniger Angehörige des Salariats dieser Tatsache bewusst. Das unvermeidliche Resultat: Getrennt marschieren, vereint „gebiischt“ werden.

Funktionierende kulturelle Hegemonie zeitigt nun mal ganz greifbare gesellschaftliche Konsequenzen. Hirnloser Konsumismus ist gegenwärtig eine ihrer auffälligsten: Hauptsache wir haben alle das neueste iPhone. Und wenn wir denn unseren eigenen Dreck fressen müssten.