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Konfrontation vermeiden

Konfrontation vermeiden
(Luxpress/Jean-Claude Ernst)

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Bis zum März kommenden Jahres wird sicherlich noch mehr als einmal Luxemburgs scheidender Premierminister Jean-Claude Juncker als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahlen und damit als möglicher künftiger EU-Kommissionspräsident gehandelt werden.

Bis dahin wollen Europas Konservative sich darauf geeinigt haben, wen sie gegen den Sozialdemokraten und derzeitigen Präsidenten des Europäischen Parlamentes, Martin Schulz, am 25. Mai ins Rennen schicken. Dass Jean-Claude Juncker bereits mehrmals öffentlich erklärt hat, dass er kein Interesse an einem europäischen Posten hätte, wird dabei nicht zur Kenntnis genommen. Seine Beteuerungen scheinen bei seinen Parteifreunden im Ausland demnach nicht sonderlich ernst genommen zu werden.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

Neben seinen persönlichen Gründen für diese Entscheidung, sofern Jean-Claude Juncker diese bis zum März und darüber hinaus aufrechterhält, dürfte dem nunmehrigen CSV-Fraktionsvorsitzenden vermutlich nicht daran gelegen sein, eine post-elektorale Konfrontation mit der neuen Regierung auf europäischem Niveau einzugehen. Denn so klar ist die Sache mit den europäischen Spitzenkandidaten – eine Idee, die zwar gut gemeint ist, die als solche aber nicht vorgesehen ist – nun doch nicht.

Regierungen bestimmen Kandidaten

Sollte Juncker sich doch noch in den kommenden Wochen dazu hinreißen lassen, den Bitten mancher EVP-Granden nachzugeben, könnte er dies nur im Einvernehmen mit der Dreierkoalition, insbesondere den Sozialisten. Denn die LSAP handelte sich das Vorschlagsrecht für Luxemburgs Posten in der nächsten EU-Kommission während der Koalitionsverhandlungen aus. Es ist kaum anzunehmen, dass sie dieses Recht zugunsten Junckers geltend machen wird, und dies aus zwei Gründen: Zum einen trat mit Raymond Vouel 1981 der letzte LSAP-Kommissar ab. Seitdem wurde der Posten hauptsächlich mit CSV-Politikern besetzt, durchgehend in den letzten 20 Jahren. Warum sollten die Sozialisten also darauf verzichten, einen aus ihren Reihen in die prestigeträchtige Behörde zu entsenden? Womit sie es nebenbei dem politischen Konkurrenten der EVP bei der Auswahl eines Spitzenkandidaten leichter machen würden?

Zum anderen hat ihr eigener Kandidat, Martin Schulz, durchaus gute Chancen, nach den Europawahlen den Portugiesen José Manuel Barroso an der Spitze der EU-Kommission abzulösen. Damit käme nach rund 20 Jahren, nachdem Jacques Delors abgetreten war, auch hier wiederum ein sozialistischer Politiker zum Zuge. Der sicherlich auch auf die Unterstützung seiner Regierung zählen kann. Denn die Großkoalitionäre in Deutschland werden sich ebenfalls während ihrer Verhandlungen in der Frage, wen das Land nach Brüssel senden wird, geeinigt haben.

Da nun mal die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten ihr Wörtchen bei der Auswahl des Kandidaten für den EU-Kommissionspräsidenten mitzureden haben und zudem entscheiden können, wer für ihr Land in die Kommission nach Brüssel ziehen soll, ist es gewagt, auf eigene Faust hier Fakten schaffen zu wollen. Das würde das Land nur in eine peinliche Situation führen, aus der niemand unbeschadet herauskäme.