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Kein Pilot im Cockpit

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Demnächst sollen in Großbritannien erste Versuche stattfinden, im Laufe derer erforscht werden soll, ob und in welchem Umfang ferngesteuerte kommerzielle Linienflüge möglich sind.

Nun ist es ja heute schon so, dass Soldaten aus einem in der Wüste von Nevada aufgestellten Container Bomben von einer Kampfdrohne aus auf eine Talibanhorde (ersatzweise eine unschuldige Hochzeitsgesellschaft) in Afghanistan lenken können.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Bei den Militärs ist – aber nur unter recht eng gefassten Voraussetzungen – der „Armchairwarrior“, der „Ohrensesselkrieger“, bereits Realität. Und doch: Gerade der ganze Hype um die Kampfdrohnen hat gezeigt, dass da, wo es wirklich hart auf hart geht, bemannte Kampfjets vermutlich noch auf Jahrzehnte hinweg unverzichtbar bleiben werden. Der zivile Luftraum hält gegenüber dem militärischen noch ganz andere Herausforderungen bereit: Wie lässt man Hunderte Maschinen auf relativ eng bemessenen Korridoren verkehren, ohne dass sie – unter Verlust Hunderter Menschenleben – ineinanderknallen?

Zudem hat die Erfahrung der Militärs erwiesen, dass, gerade wenn es mal fliegerisch brenzlig wird, die wenigsten Joystick-Virtuosen am Boden in der Lage sein werden, einen erfahrenen Piloten im Cockpit – der die Situation und die Maschine mit seinen Sinnen „fühlt“ und dementsprechend reagiert – zu ersetzen.

Machbar, aber nicht wünschenswert

Und wenn es mal Terroristen gelingen würde, eine ferngesteuerte Zivilmaschine zu hacken und in den nächsten Wolkenkratzer zu lenken?

Man sieht einmal mehr: Nichts ist schon deswegen wünschenswert, bloß weil es technisch machbar ist. Und schließlich: Selbst absolut flugangstresistente Zeitgenossen würden am Ende doch wohl lieber im Schlauchboot nach Mallorca rudern, als sich in ein pilotenloses Aeroplan einsperren zu lassen.

Viel eher kann man sich da computergesteuerte Autos vorstellen: Die Kapazität unserer Straßen ließe sich deutlich steigern, wenn ein Maximum von Fahrzeugen zu Konvois zusammengefasst werden, die von Steuerungszentralen aus auf konstanter Geschwindigkeit gehalten werden.

Die Kapazität von Straßen ist dann am größten, wenn möglichst viele Vehikel gleich schnell unterwegs sind. Der berüchtigte „Stau aus dem Nichts“ entsteht oft durch den „Ziehharmonikaeffekt“: dadurch, dass allzu viele Autofahrer abwechselnd immer wieder hirnlos beschleunigen, nur um gleich darauf wieder beidfüßig auf der Bremse zu stehen.

Zu wenige Automobilisten fahren defensiv, vorausschauend … und mit einigermaßen konstanter Geschwindigkeit.

Doch auch aus automobilen Konvois wird wohl nie etwas werden: Der auf den Straßen allgegenwärtige Machogeist wird es zu verhindern wissen. Auf der Straße will der echte Mann noch Mann sein: selbstbestimmt, aggressiv, dominant. Und dumm wie Mayonnaise. Die Vorstellung, dass ein Computer die Führung seines Wagens übernehmen könnte, würde dem gewöhnlichen Bleifußneurotiker unerträgliche Kastrationsängste bereiten. Da fährt er doch viel lieber wie gehabt souverän und wild entschlossen … in den nächsten Stau.