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Kalaschnikows Automat

Kalaschnikows Automat

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Am gestrigen Freitag wurde Michail Kalaschnikow zu Grabe getragen, der Hauptkonstrukteur des gleichnamigen Sturmgewehrs. Ein britisches Buch zu dieser Waffe trägt den Untertitel „one small item, one giant impact“.

Nun war Kalaschnikow nicht Erfinder des Sturmgewehrs, sein „Genie“ bestand aber darin, eines entwickelt zu haben, das in der Herstellung billig wie Dreck ist und trotzdem – ob im Dschungel, in der Wüste oder in der Arktis – bei minimaler Pflege zuverlässig funktioniert. Was heißt … tötet.
Auch 14-jährige afrikanische Kindersoldaten können mit diesem Schießprügel mühelos Zivilisten ummähen. Und in westeuropäischen Gangsterkreisen ist der (oft aus Ex-Jugoslawien herbeigeschmuggelte) „Awtomat Kalaschnikowa“ (AK) längst ein Statussymbol. Der Umstand, eine teuflisch effiziente Tötungsmaschine konstruiert zu haben, bereitete dem Mann übrigens bis zu seinem eigenen (friedlichen) Ableben keinerlei Gewissensbisse.
Und in der Tat gibt es wohl keinen Zweifel daran, dass, wenn er es nicht getan hätte, dann einfach jemand anderes ein vergleichbares Gerät entworfen hätte.
Der menschlichen Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, Mittel und Wege zu ersinnen, andere Menschen vom Leben zum Tode zu befördern.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Hardware für die ethnische Säuberung

Das große Problem mit der Kalaschnikow besteht darin, dass ihre massenhafte Verbreitung in der dritten Welt bewaffneten Konflikten in unterentwickelten Ländern eine ab 1947 weitaus höhere mörderische Potenz beschert hat, als das bis dahin der Fall war: Wo früher Repetiergewehre oder Macheten verwendet wurden, können heute selbst bettelarme Nomaden eine Waffe mit einer Kadenz von 600 Schuss pro Minute einsetzen. So macht dann die ethnische Säuberung des Nachbarstammes erst so richtig schön Spaß …
Kalaschnikows Tötungsautomat wurde auch zum Emblem vieler Befreiungskriege. Die Amerikaner lernten das Gerät in Vietnam fürchten. Doch auch hier verfügte Kalaschnikow über kein Monopol aufs Töten: Erinnern wir daran, dass der algerische FLN u.a. mit luxemburgischen Sola-Maschinenpistolen (die Ettelbrücker Fabrik gehörte dem Kaufhaus-Besitzer Nicolas Scholer) gegen die Franzosen kämpfte.
Wie gesagt wäre die Welt auch ohne Kalaschnikow kein besserer Ort, als sie es heute ist: Die Herausforderung für die Weltgemeinschaft besteht darin, die Verbreitung dieser Waffen einzudämmen und möglichst viele davon wieder einzusammeln.
Das ist aber eine reine Sisyphus-Arbeit, eben weil die Herstellung derartigen Geräts keine „Rocket Science“ darstellt: Pakistanische Waffenschmiede fertigen vollautomatische Schießprügel in Handarbeit im Basar.
Die Überschwemmung der Welt mit billigen vollautomatischen Schusswaffen gleicht einer mörderischen Seuche. Zu deren Bekämpfung es leider keinen Impfstoff gibt und wohl auch niemals geben wird.