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Irrweg Gigaliner

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Seit ein paar Jahren versuchen starke Lobby-Kräfte, auf den Straßen Europas die Einführung überlanger Lastkraftwagen, der sogenannten Gigaliner, durchzusetzen.

Luxemburgs Transportminister François Bausch aber ist entschlossen, die Einführung solcher Mastodonten zu verhindern.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Der Mann hat recht.

Denn Super-Lkws sind genau das, was Europas Transportsektor nicht braucht. Die Frächterlobby versucht hier ungeniert, zusätzlichen Güterverkehr von der Schiene auf die Straße zu verlegen. Etwas, was sowohl aus Gründen der Ökologie wie auch der Verkehrssicherheit ein totaler Unsinn ist.

Sicher, in diesen Lastern kommt die modernste Technik zum Einsatz und zusätzliche Lenkachsen sollen dafür sorgen, dass sich diese Fahrzeuge ebenso präzise lenken lassen wie konventionelle Trucks.

Das Problem aber liegt nicht in der Technik, sondern vielmehr in der Lkw-Industrie selbst. Einer Mehrzahl der Unternehmen dieser Branche ist offensichtlich nicht über den Weg bzw. die Straße zu trauen. Wenn nämlich Douane und Polizei auf unseren Autobahnen Lkw-Kontrollen durchführen, ist es leider absolut „normal“, wenn eine Mehrheit der überprüften Fahrzeuge nicht den Vorschriften entspricht: Überlast, unzureichend gesicherte Ladung, Transport von Gefahrengütern ohne die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen, verschlissene Bremsen oder abgefahrene Reifen sorgen dafür, dass von vielen Brummis tödliche Gefahren für die schwächeren Verkehrsteilnehmer ausgehen.

Kann angesichts dieser katastrophalen Zustände ein vernünftiger Mensch wollen, dass eine Industrie, in welcher Sicherheitsbestimmungen routinemäßig in der Pfeife geraucht werden, nun auch noch mit Megatrucks bewaffnet werden soll, die mit ihren 60 Tonnen das Gewicht von Kampfpanzern erreichen, dabei aber noch viel schneller unterwegs sind?

Dazu kommen die miserablen sozialen Zustände in der Truckerbranche: Gerade osteuropäische Fahrer werden oft hemmungslos ausgebeutet, sie nehmen im modernen Transportwesen jenen Rang ein, der in der antiken Seefahrt dem Galeerensklaven vorbehalten war. Hinzu kommt indes, dass übermüdete Fahrer ebenso zur Bedrohung für Leib und Leben der Autofahrer und ihrer eigenen Kollegen werden, wie es ihre abgefuckten Trucks sind.

Interessanterweise sind es die radikal wirtschaftsliberal verfassten USA, die dem Unwesen der Monster-Lkws einen Riegel vorgeschoben haben: Auch in den Staaten versuchte die Frächterlobby (und sie tut es natürlich immer noch), die Einführung überlanger „Roadtrains“ coast-tocoast durchzusetzen, sind aber damit (mit Ausnahme einiger weniger Straßen) bislang gescheitert: Es ist kein Zufall, dass die USA das Dorado des schienengebundenen Güterverkehrs sind: und dies sowohl im dünner besiedelten Westen als auch in den Metropolgebieten des Ostens.

Man darf getrost davon ausgehen, dass diese bewusste Bevorzugung der „Railfreight“ jahraus, jahrein ungezählte Todesfälle auf den Straßen verhindert und sich zudem ausgesprochen positiv auf die Umwelt auswirkt.