Mittlerweile existiert eine Heerschar von Medikamenten, die unterschiedlich kombiniert für (fast) jeden Patienten eine (fast) nebenwirkungsfreie Therapie ermöglichen.
" class="infobox_img" />Tom Wenandy
twenandy@tageblatt.lu
Nichtsdestotrotz müssen HIV-positive Patienten ihre Medikamente ein Leben lang einnehmen, und zwar im Rahmen eines festen Zeitplans. Was, kombiniert mit den regelmäßigen und notwendigen Untersuchungen und Analysen, auch wenn dies das geringere Übel zu einer todbringenden Krankheit ist, eine gewisse Beeinträchtigung der Lebensqualität darstellt.
Aber dies ist nur eine, die mittlerweile etwas positivere Seite der HIV/Aids-Infektionsmedaille. Denn HIV-positive Menschen, von Aids-Kranken ganz zu schweigen, werden in unserer Gesellschaft immer noch stigmatisiert. Wer Aids hat, ist notgedrungen homosexuell oder drogenabhängig. Im schlimmsten Fall beides zugleich. So lautet zumindest die leider, auch am heutigen Welt-Aids-Tag, in vielen westlichen Gesellschaften vorherrschende Meinung. Aufklärungs- und Präventionskampagnen haben, man siehe die Infektionsraten, sicherlich in verschiedenen Kreisen schon etwas bewirkt, nur haben sie eben nicht dazu geführt, die gesellschaftliche Akzeptanz dieser nicht auf einige wenige Bevölkerungsgruppen zu reduzierenden Infektion zu erhöhen.
„Lümmeltüten“
Gleichzeitig wird auch immer gerne – bewusst oder unbewusst – vergessen, dass, auch wenn es mittlerweile wirksame Arzneien gegen eine Ausbreitung des HIV-Erregers im Körper gibt und die Infektion somit auf das Level einer chronischen Krankheit „abgestuft“ werden kann, Kondome nicht überflüssig geworden sind. Einerseits sind diese (auch wenn unser aller Papst dies nicht so sieht) ein wirksames und einfaches Mittel gegen ungewollte Schwangerschaften.
Gleichzeitig schützen die „Lümmeltüten“ aber auch vor allen anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI, „sexually transmitted infections“). Und diese STI sind, wenn auch in den meisten Fällen zumindest nicht unmittelbar tödlich, doch oder vielleicht gerade deswegen vermehrt auf dem Vormarsch.
Die gesundheitspolitischen Daten sprechen eine klare Sprache. In westlichen Industrienationen waren die „klassischen Geschlechtskrankheiten“ wie Syphilis oder Gonorrhö, um nur diese zu nennen, selten. Neuerdings mehren sich aber die Erkrankungsfälle wieder in einer erschreckenden Manier.
Denn zu den STI gehören auch Hepatitis B, Herpes genitalis, Infektionen mit Chlamydien und Trichomonaden sowie – Achtung – Filzlausbefall und die Infektion mit bestimmten (sogenannten „high risk“) humanen Papillomviren, die für das Entstehen von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich sind. Unabhängig vom menschlichen Leid verursachen diese Krankheiten extreme Kosten.
Es bleibt aber noch ein weiterer, nicht weniger wichtiger Punkt.
In unseren Breitengraden ist – Information hin oder her – das Gesundheitssystem weit entwickelt. Für die genannten Krankheiten gibt es in fast allen Fällen, und wenn nur früh genug erkannt, ein pharmazeutisches Gegenmittel. Zumeist noch von der Krankenkasse zurückerstattet. Gut und weiter so. Hoffentlich!
Nur in Ländern der Dritten Welt sind, obwohl es nicht in Abrede zu stellende Fortschritte gibt, viele Menschen noch unterversorgt. Und „unterinformiert“. Auch hier haben westliche Regierungen und Gesellschaften eine Verpflichtung. Nur geschieht viel zu wenig.
Internationaler HIV/Aids-Tag hin oder her. Alles nur Augenwischerei oder Gewissensberuhigung?
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