Obwohl der Sozialminister dies anders sieht, werden viele Aktive länger arbeiten müssen, um die gleiche Rente zeitlich kürzer zu beziehen.
Kein Wunder also, dass eine breite Gewerkschaftsfront (OGBL, CGFP, Aleba, FNCTTFEL-Landesverband, FGFC und Syprolux) das vorliegende Reformprojekt ablehnt und, nachdem ihre alternativen Vorschläge bislang kaum von der Regierung zur Kenntnis genommen wurden, zu einer gemeinsamen Protestkundgebung aufgerufen hat (am kommenden Dienstag um 17 Uhr am Clairefontaine-Platz in der Hauptstadt).
rschneider@tageblatt.lu
Abgesehen von der für viele verlängerten Lebensarbeitszeit sollen die Rentner auch einen Teil der Krise zahlen (die sie nun wirklich nicht verschuldet haben), durch den Verzicht auf das sog. „Ajustement“, also eine Anpassung der Renten an die Entwicklung der Löhne (geschuldet wäre zum 1.1.2013 eine Erhöhung von 1,5 Prozent).
Während die Luxemburger Regierung – Bankenplatz oblige – keine Finanztransaktionssteuer einführen möchte, wird jener Kriegs- und Nachkriegsgeneration, die erheblich zum Reichtum des Landes beigetragen hat, nun ungeniert und nachhaltig in die Tasche gegriffen.
Dieser Rentenklau, der in letzter Minute durch eine Erhöhung der Grundrente für die Ärmsten teilweise kompensiert werden soll, verliert hierdurch nicht an symbolischer Bedeutung, zumal auch die „Mammerent“, ein früheres Vorwahlgeschenk, ungeniert abgeschafft werden soll.
Lieber Jugendarbeitslosigkeit finanzieren
Aber zurück zur anstehenden Rentenreform: Die Jugendarbeitslosigkeit nimmt dramatische Züge an. Dass eine längere Lebensarbeitszeit älterer Arbeitnehmer die potenziellen Berufseinsteiger blockiert, ist kaum wegzureden. Wenn keine Jobs freiwerden, helfen alle noch so gut gemeinten Initiativen zur beruflichen Eingliederung Jugendlicher wenig.
Ursachen, zu demonstrieren, gibt es also ausreichend und lange hat es so ausgesehen, als stelle sich eine Front aller Gewerkschaften gegen Regierung und viele Parlamentarier. Dies, bis der katholisch geprägte und einst von Kirchenkreisen als Reaktion auf die freien Gewerkschaften gegründete LCGB nur wenige Wochen vor der Veranstaltung einen Rückzieher machte, die Teilnahme absagte und seine eigene Demo in einem Niederfeulener Saal ankündigte. Gleich zwei Erklärungen (dies allein macht diese Aussagen schon suspekt) hatte die Vereinigung mit dem wechselnden Farbenspiel parat. Man sei nicht ausreichend in die Vorbereitung eingebunden worden und man sei von CGFP und OGBL beleidigt worden. Ursache dieses Zoffs waren zumindest missverständliche Aussagen des LCGB-Präsidenten, der während einer Pressekonferenz die Wut der Arbeitnehmervertreter anderer Couleur auf sich zog, als er die hohen Funktionskosten des Staates (also implizit auch die öffentlichen Löhne) monierte: ein Unding für Vertreter aller Arbeitnehmer.
Dass Dury sich und seine Gewerkschaft mit der Gegenveranstaltung in der Provinz ins Abseits manövrierte und seiner ohnehin schon finanziell und politisch gebeutelten Vereinigung weiteren Schaden zufügte, ist dabei offensichtlich.
Immerhin hat die – ebenfalls katholisch geprägte – Transportgewerkschaft Syprolux dies verstanden und sich vom LCGB und seiner Kundgebung distanziert. Die Einzigen, die sich wohl über den Schritt weg von der Gewerkschaftsfront freuen, sind die CSV-Minister um Jean-Claude Juncker, selbst ein langjähriges und bekennendes LCGB-Mitglied und anderer Verteidiger des Angriffs auf die Renten und die Beschäftigten in Luxemburg.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können