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Hinkende Vergleiche

Hinkende Vergleiche

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Das Sportjahr biegt auf die Zielgerade ein und so beginnt sie wieder, die Zeit der Rückblicke und Ehrungen. Den Auftakt macht aus nationaler Sicht die "Gala des Sports" in Mondorf, wo am Donnerstag (04.12.14) die Sportler des Jahres 2014 gekürt werden. Das verspricht Spannung, aber auch jede Menge Diskussionen.

Bei den Herren hat Titelverteidiger Dirk Bockel große Konkurrenz bekommen. Da ist zum Beispiel Gilles Muller, der in diesem Jahr ein fulminantes Comeback in der Tennis-Weltspitze feierte. Oder aber die Schwimmer Stacchiotti und Carnol, die zurzeit bei der Kurzbahn-WM für Furore sorgen. Und was ist mit unseren Radprofis Jempy Drucker, Ben Gastauer, und Frank Schleck? Bemerkenswerte Leistungen lieferten auch die weiteren Nominierten Tom Habscheid (Behindertensport), David Hauser (Autosport), Jeff Henckels (Bogenschießen) und Lyndon Sosa (Trapschießen) ab.

Logo" class="infobox_img" />Philip Michel pmichel@tageblatt.lu

Bei den Damen ist die Qual der Wahl ähnlich groß. Shootingstar Sarah de Nutte, die unverwüstliche Ni Xia Lian (beide Tischtennis), Karateka Jenny Warling, Leichtathletin Charline Mathias, Schwimmerin Julie Meynen oder Titelverteidigerin Christine Majerus (Radsport), sie alle haben gewichtige Gründe, eine Menge Stimmen auf sich zu vereinen.

Was einmal mehr das Dilemma von Sportlerwahlen verdeutlicht. Denn hier werden Leistungen bewertet und vor allem verglichen, die im Grunde genommen nicht vergleichbar sind. Beispiele: Schwimmerin Julie Meynen stieß im Weltranking über 100 m Freistil bis auf Position 87 vor, während Karateka Jenny Warling immerhin Weltranglisten-Vierte ist. Doch was ist dieser vierte Platz angesichts der vielen Gewichtsklassen wirklich wert im Vergleich zu einer Top-100-Platzierung in einer olympischen Kernsportart? Selbst für Experten eine schwer zu beantwortende Frage, zumal auch die Mediatisierung einer Sportart bei der Beurteilung von Leistungen eine Rolle spielt. Ein Tennisprofi wie Gilles Muller, der sich zur besten Sendezeit live auf Eurosport mit Größen wie Roger Federer duellieren darf, hat bessere Voraussetzungen, zum Sportler des Jahres gekürt zu werden als ein Kandidat aus den sogenannten Randsportarten.

Ein objektiver Vergleich fällt bereits innerhalb einer Sportart schwer. Ni Xia Lian ist in der Tischtennis-Weltrangliste fast 100 Ränge besser platziert als Sarah de Nutte. Sie ist also die bessere Spielerin, doch reicht das als alleiniges Kriterium, oder muss nicht auch die auf-(oder ab-)steigende Tendenz der Sportler berücksichtigt werden? Ähnliches Problem bei den Radprofis: Frank Schleck belegte bei seinem Comeback nach Dopingsperre Gesamtplatz 12 der Tour de France. Ben Gastauer wurde dagegen «nur» 21. Doch Gastauer hatte jede Menge Helferdienste zu leisten und war so maßgeblich am Gewinn der Mannschaftswertung beteiligt. Zudem war es seine allererste «Grande Boucle».

All das verdeutlicht, dass Sportlerwahlen es nicht immer allen gerecht machen können. Ein Grund zum Aufregen sollte das freilich nicht sein, schließlich weiß man gerade in der Sportwelt, wie man mit Niederlagen umgeht. Unter dem Strich gibt es heute in Mondorf aber eh keine Verlierer, denn bereits die Nominierung sollte für jeden Sportler eine Ehre sein.

Ganz nach dem olympischen Motto: «Dabei sein ist alles.»