Laut der Wirtschaftstheorie müsste das viele neue Geld seinen Weg in die Volkswirtschaften finden und für neue Investitionen und neue Jobs sorgen. Das passiert aber nicht. Die Arbeitslosigkeit in Europa bleibt hoch. Die sichtbaren Folgen der Politik der Zentralbank sind, dass die Aktienkurse steigen und der Wert des Euro fällt: Eine gute Nachricht für wohlhabende Menschen und für exportierende Unternehmen.
" class="infobox_img" />Christian Muller cmuller@tageblatt.lu
Der Bürger an sich – der eigentlich von den Konjunkturspritzen profitieren soll – hat vor allem mit Nachteilen dieser Politik zu kämpfen. Als Nebeneffekt der «Konjunkturstützen» erhalten die Menschen, die mit einem Sparbuch für die Zukunft vorsorgen wollen, heute kaum noch Zinsen. Immer öfter fällt selbst das Schlagwort «Negativzinsen».
Sparen ist wohl nicht mehr gewünscht – die Leute sollen ihr Geld doch bitte gleich ausgeben. Auf diese Art und Weise soll die Konjunktur angekurbelt werden – auch wenn die Staaten gleichzeitig ihre eigenen Ausgaben kürzen. Dass die Regierenden (etwa in Luxemburg) gleichzeitig die Steuern erhöhen, bei den Familienausgaben sparen und die Menschen dann noch zu mehr Ausgaben zwingen wollen, ist nicht hilfreich. Sollen die Familien wirklich jeden Euro gleich ausgeben, den sie verdienen? Wer soll später das Studium der Kinder finanzieren?
Dem Finanzsektor und den Konzernen stellen Europas Regierungen und Zentralbank hohe Geldsummen für Investitionen zur Verfügung. Die Betriebe fragen jedoch kaum nach neuen Krediten. Und das hat Gründe: Investiert wird nämlich nur in Bereichen, wo es mehr zu verdienen gibt. Wenn das verfügbare Gehalt der Bürger nicht zulegt, machen Investitionen keinen Sinn.
Glücklicherweise gibt es noch einen Faktor, der das verfügbare Gehalt der Bürger derzeit aufbessert. Dabei handelt es sich um den Ölpreis, der in den letzten Monaten um 30 Prozent eingebrochen ist. Dass Saudi-Arabien nicht versucht, mit Produktionskürzungen den Preis hoch zu halten, kommt den Bürgern in Europa zugute. Ihre monatlichen Rechnungen für Benzin und Heizöl werden günstiger. So haben sie mehr Geld für andere Ausgaben in der Tasche.
Dass Saudi-Arabien nicht aus altruistischen Gründen so handelt – sondern um den Bereich Fracking in den USA weniger profitabel zu machen und so seine eigenen Marktanteile zu verteidigen –, spielt dabei keine Rolle für Europa. Hier stützt Saudi-Arabien ganz einfach das Vermögen aller Bürger.
Doch dass dem so ist, gefällt Europas Zentralbank nicht. Sie wünscht sich, dass die Preise schneller steigen. Hierfür will sie hunderte Milliarden in Unternehmen- und in Staatsanleihen pumpen. Ob die Bürger wohl mehr davon sehen werden als steigende Preise, bleibt abzuwarten.
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