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Herren der Ringe

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Au revoir Jacques Rogge, willkommen Thomas Bach: Der scheidende IOC-Präsident muss auf eine eher gemischte Bilanz zurückblicken, und dem neuen könnte es ähnlich gehen.

Denn seine zu lösenden Probleme sind ähnlich gelagert wie die, die Chirurg Rogge ab seiner Amtsübernahme 2001 „heilen“ sollte.

Logo" class="infobox_img" />Claude Clemens

cclemens@tageblatt.lu

Damals wurde der Autokrat – so kann man ihn getrost nennen – Juan Antonio Samaranch abgelöst und der Korruptionsskandal um die Vergabe der Winterspiele 2002 nach Salt Lake City war noch nicht abgeklungen. Sicher, es gab Reförmchen und Reformen, teilweise sogar noch von Samaranch eingeleitet. Aber wenn man sich die Schlagzeilen und Kommentare der letzten zehn Tage rund um die Vergabe der Olympischen Spiele 2020 sowie die Wahl des neunten IOC-Präsidenten ansieht, muss man die Frage stellen, ob sich wirklich viel geändert hat …

Ein Scheich als „Königsmacher“, Stimmen kaufen, eine Hotel-Lobby, die den Namen „Lobby“ wohl noch nie so verdient hatte: Die wie ein G20-Gipfel hermetisch abgeschottete IOC-Vollversammlung – steht Sport nicht eigentlich auch für Fan-Nähe? Die „Herren der Ringe“ gaben eher den Anschein, in einer eigenen, anderen Welt zu leben – in Buenos Aires gab es Anlass zu vielerlei Diskussionen und Spekulationen zum Thema Korruption.

Nimmt man noch die umstrittenen Vergaben der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 (Russland) und besonders 2022 (Katar) hinzu, sehen sich Thomas Bach und die obersten Sportfunktionäre der Welt immer noch den gleichen Problemen wie bei Rogges Amtsantritt gegenüber bzw. den gleichen Vorwürfen ausgesetzt.

Auch den Anti-Doping-Kampf hatte sich Rogge groß auf die Fahne geschrieben. Nun, Doping gibt es immer noch, die „Bösen“ sind den „Guten“ meistens einen Schritt voraus, und daran wird leider auch Thomas Bach wohl nichts ändern können.

Dann der Gigantismus, der Olympischen Spielen in den letzten zwei Jahrzehnten vermehrt vorgeworfen wurde. Rogge erreichte, dass die Teilnehmerzahl bei Sommerspielen auf 10.000 begrenzt wurde, aber was Kosten und Kommerzialisierung angeht, konnte er seine Olympier-Kollegen nicht auf seinen Kurs einschwören. Für 2020 war der „billigste“ Kandidat (Madrid) als erster aus dem Rennen, die „teuerste“ Variante setzte sich mit Tokio schließlich durch. Hier muss man natürlich einschränkend sagen, dass das IOC ab einem gewissen Punkt keinen Einfluss mehr auf Infrastruktur-Kosten hat. Aber beispielsweise ca. 50 Milliarden Dollar für Sotschi 2014, keine Rücksicht auf die Umwelt und seit letztem Winter gelagerte 700.000 Kubikmeter Schnee (!) für kommenden Februar gehen auch am IOC nicht spurlos vorbei.

Und was Gigantismus und Kommerzialisierung angeht, so haben die London-Spiele 2012 gezeigt, dass die elf weltweiten Top-Sponsoren des IOC sowie das TV während zwei Wochen alles für die Ringe-Organisation bedeuten – und vieles andere nichts. Der schnöde Mammon regiert nun mal auch die Sportwelt.

Politischer Sprengstoff

Zumindest konnte Rogge in Sachen Geld Anfang der Woche die Erfolgsmeldung verkünden: „Vom 31. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2012 sind unsere Reserven von 105 Millionen Dollar auf 901 Millionen Dollar gestiegen.“ Muss der weltweite Dachverband des organisierten Sports so viel Geld auf der hohen Kante haben?

Vielleicht „investiert“ Bach ja einen Teil davon in den Anti-Doping-Kampf. Es scheint derzeit fast die einzige Möglichkeit, der Geißel des modernen Sports beizukommen – die „Guten“ mit ausreichend Geld versorgen, damit sie das gleiche Niveau wie die „Bösen“ erreichen. Eine substanzielle Finanzspritze für den Kampf gegen Wettbetrug – dieses Problem hatte Rogge noch nicht in so großen Ausmaßen – könnte der Deutsche gleich mit einplanen.

Nun steht aber erst mal Sotschi vor der Tür. „Dank“ der neuen russischen Anti-Homosexuellen-Gesetzgebung könnten die kommenden Winterspiele „Bachs Peking“ – Menschenrechtsverletzungen, Zensur – werden. 2008 saß Jacques Rogge diese Thematiken eher aus, als dass er agierte. Die Olympia-Premiere in einem islamischen Land ist fast nur noch eine Frage der Zeit und wird wohl in Bachs Amtszeit fallen. Dann wird der Sport unweigerlich mit der Problematik der Stellung der Frau im Islam befasst werden – wieder (gesellschafts-)politischer Sprengstoff.

Wie wird der gewiefte Karrieremensch Bach diese
Herausforderungen meistern?