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Halbwissen

Halbwissen
(Alain Rischard/editpress)

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Sicher, die Schweiz und Luxemburg weisen eine Reihe Ähnlichkeiten auf, die da von Fremdenverkehr über Finanzplatz bis hin zu einer gewissen bäuerlich gewachsenen, konservativen Grundhaltung breiter Bevölkerungsschichten reichen.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Davon auszugehen, dass die Schweiz beispielhaft in Sachen direkte Demokratie sein könnte, ist allerdings ein Trugschluss, wie das interessante Referat des Schweizer Journalisten Daniel Binswanger am Donnerstagabend in der Abtei Neumünster verdeutlichte (Link).

Die Urschweizer Eigenart der direkten Volksbefragung über alle möglichen Themen ist weit entfernt von der leicht verklärten, romantisierten Sicht, die außerhalb der Eidgenossenschaft vorherrscht. Das aus folkloristischen Abstimmungen auf den Dorfplätzen des Kantons Uri und durch Wilhelm Tellsche Sagen geprägte Bild einer aus dem Volkswillen der Bergmenschen gewachsenen Basisdemokratie stimmt so ohnehin nicht.

Binswanger erinnerte während seines Exposés, das im Rahmen eines Tageblatt-Konferenzzyklus stattfand, u.a. daran, dass die Volksbefragungen in der Schweiz als protestantisches Zugeständnis an die unterworfenen Katholiken entstanden sind – doch das nur am Rande. Weitaus spannender, auch in Hinsicht auf das anstehende Referendum in Luxemburg, sind die vom Journalisten des Tagesanzeiger aus Zürich dargelegten Risiken und Gefahren, die Referenden inhärent sind. So warnte der politische Beobachter vor allzu komplexen Fragestellungen, verwies auf (nicht kontrollierte) Geldflüsse zur Beeinflussung der Volksentscheide und erläuterte, dass bei den meisten Themen lediglich eine Minderheit zur Wahl geht.

Letzteres Problem stellt sich beim anstehenden großherzoglichen Referendum zwar ob der hierzulande gesetzlich verankerten Wahlpflicht nicht; das Referendum als nec plus ultra des demokratischen Prozesses überhaupt zu sehen, ist allerdings genauso falsch, wie es allgemein als absolutes Ausnahmemittel der Mitbestimmung zu sehen.

Dass der Ausgang der Volksbefragung und somit der Wählerwille in jedem Fall zu respektieren ist, wenn das Instrument Sinn ergeben soll, wurde von dem Schweizer Kollegen auf Nachfrage hin bestätigt. Bis auf die CSV, die in der Frage, was nach dem 7. Juni realpolitisch geschehen soll, immer noch lavierende Positionen bezieht, müsste diese Binsenweisheit eigentlich mittlerweile allgemein verstanden worden sein (CSV-Fraktionschef Claude Wiseler war übrigens unter den Zuhörern bei der Konferenz und hätte somit Gelegenheit, in den verbleibenden Wochen vor dem Urnengang für Klarheit in diesem Punkt zu sorgen).

Ob die Referendums-Fragen vom 7. Juni richtig verstanden werden, daran mag hingegen gezweifelt werden. Immer noch scheint z.B. bei der Frage nach der Ausweitung des Einwohnerwahlrechtes auch auf ausländische Bürger (sofern sie dies möchten, sie zehn Jahre in Luxemburg leben und sie bereits an einer anderen politischen Wahl in Luxemburg teilgenommen haben) nicht jedem wahlberechtigten Bürger klar zu sein, dass es hierbei um das aktive Wahlrecht geht. Die Ausländer mit Wahlrecht können auch künftig nicht gewählt werden. Also zur Erinnerung: Luxemburg riskiert kein ausländerdominiertes Parlament, wie immer wieder zu hören ist …

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